Historischer Rückblick: Was es mit dem Wasserhäusle in Stuttgart auf sich hat
Das Wasserwerk an der Werastraße war eines der ersten Werke mit einer Sandfilteranlage zur Säuberung des Wassers und leistete damit Pionierarbeit. Als Zeugnis der Anlage bleibt heute noch das sogenannte Wasserhäusle erhalten. STUGGI.TV wagt den historischen Rückblick.
Geschichte der Wasserversorgung: Bürger und Adel konkurrieren um Wasser
Historisch gesehen setzte die Stadt Stuttgart über viele Jahrhunderte hinweg auf zwei verschiedene Systeme der Wasserversorgung. Zum einen das System für Trinkwasser und zum anderen das für Brauchwasser. Trinkwasser wurde dabei in den Schlössern und öffentlichen Brunnen zugänglich gemacht. Brauchwasser hingegen wurde von der Bürgerschaft für Waschplätze, Löschwasserteiche oder Pferdeschwemmen und im Kleingewerbe verwendet. Grafen, Herzöge und Könige betrieben damit unter anderem ihre Springbrunnen. „Bürgerschaft und Adel haben teilweise um die Wasserversorgung konkurriert, da das Wasser nicht ausgereicht hat“, erklärt Frank Schweizer vom Verein zur Förderung und Erhaltung historischer Bauten. Für Wasserspiele habe die Versorgung nicht gereicht, weshalb man sich nach Alternativen umsehen musste. Daher sollte unter anderem auch Neckarwasser als Brauchwasser verwendet werden. „Das war aber so dreckig, dass es für die Brunnen gefiltert werden musste“, so Schweizer.
Das Wasserwerk an der Werastraße
Die Filterung wurde unter anderem im Wasserwerk an der Werastraße durchgeführt. Dieses war 1861 auf der Halbhöhenlage des Ameisenbergs umgeben von Weinbergen und Gärten errichtet worden. Besonders am Wasserwerk an der Werastraße war der Einsatz von Filtersand zur Säuberung des Wassers. Die Technologie zur Wasserfilterung mit Sand stammte aus Schottland und fand erstmals 1804 seine Anwendung. Doch das Wasserwerk in Stuttgart nahm bei der Verwendung der Technologie, die teils noch heute in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern verwendet wird, eine wichtige Rolle ein. „Es war eine der ersten Sandfilteranlagen überhaupt. Das war Pionierarbeit in Stuttgart“, erklärt Frank Schweizer. Das aus dem Werk an der Werastraße gewonnene Wasser war dabei zur Hälfte vertraglich dem Hof zugesichert, während die andere Hälfte in das städtische Nutzwasser eingeleitet wurde. Zur Freude der Bevölkerung konnten so ab 1863 beispielsweise die beiden neu aufgebauten Brunnenschalen auf dem Schlossplatz betrieben werden. Diese stehen dort übrigens auch heute noch. Außerdem wurde in der Deutschen Feuerwehrzeitung 1862 von einer Löschübung berichtet, in der ein Wasserstrahl bis in eine Höhe von rund 30 Metern geschossen werden konnte.
Verein zur Förderung und Erhaltung historischer Bauten setzt sich für Wasserhäusle ein
Bereits mit dem Bau des Wagenburgtunnels im Jahr 1941 mussten dann jedoch die Versorgungsleitungen zwischen der Neckarstraße und den Filteranlagen an der Werastraße herausgenommen werden. Als 1972 die Technischen Werke Stuttgart die Wasserversorgung übernahmen, wurden die Sandfilter an der Werastraße endgültig nicht mehr gebraucht und stillgelegt. Die fünf Sandfilterbecken wurden aufgefüllt. Das ganze Gelände liegt heute im Bereich der Frischluftschneise zwischen Uhlandshöhe und Gebhard-Müller-Platz. Vom Wasserwerk ist nur noch ein Gebäude übrig geblieben. Das Wasserhäuschen oder Wasserhäusle diente früher als Magazingebäude und ist heute Zeugnis für die gesamte Anlage. Wo das frühere Wohngebäude des Wasserwärters stand, ist jetzt in unmittelbarer Nähe zum Wasserhäusle die John Cranko Schule zu finden. Das Wasserhäusle habe mittlerweile eine integrierende Funktion. Für die Schüler sei es ein Ort für die Begegnung mit der Nachbarschaft geworden, erklärt Schweizer. Mit seinem Verein zur Förderung und Erhaltung historischer Bauten setzt sich Frank Schweizer seit 1976 für historische Stätten in Stuttgart ein und vertreibt Broschüren zu den Denkmälern. Auch zum Wasserhäusle hat der Verein eine Borschüre herausgebracht. Diese können Interessierte unter der E-Mail-Adresse info@stuttgarter-denkmale.de anfragen.
VIDEO: So sieht die Wasserversorgung in Stuttgart heute aus
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Fotos: Verein zur Förderung und Erhaltung historischer Bauten e.V.