Warum die Inzidenz in Stuttgart noch nicht unter 35 bleibt
Während in den umliegenden Landkreisen die Inzidenzen teilweise unter 15 liegen, schwirrt die Stadt Stuttgart seit Tagen um die magische 35er-Inzidenz herum. Bisher hat es die Landeshauptstadt nicht geschafft, den Wert fünf Tage in Folge zu halten. Die ersehnten Lockerungen lassen daher noch auf sich warten.
Vor allem junge Stuttgarter infizieren sich häufig
Die Öffnungen der nächsten Inzidenzstufe lagen für die Landeshauptstadt in den letzten Tagen immer wieder in greifbarer Nähe, wurden aber durch leicht steigende Zahlen verübelt. Mal lag der Inzidenzwert knapp über der wichtigen 35er-Grenze, mal darunter. Ein Grund könnte die brisante Infektionslage bei Kindern und Jugendlichen sein. In Stuttgart verzeichnen diese die höchsten Inzidenzen aller Altersgruppen. „In nahezu allen Altersgruppen ist die Inzidenz gesunken und liegt unter 50“, berichtet Stefan Ehehalt, Leiter des Stuttgarter Gesundheitsamts. Nur die Inzidenz der Kinder im Vorschulalter liegt bei 66, gefolgt von den 10 bis 19-jährigen mit 49 und den 20 bis 39-jährigen mit 40.
Stuttgart von Impfstoffmangel betroffen
Während Stuttgart immer noch mit der magischen 35er-Grenze zu kämpfen hat, sieht es in den umliegenden Landkreisen schon ganz anders aus. Der Kreis Böblingen verzeichnete beispielsweise am Sonntagabend eine Inzidenz von 12,7 – Tendenz sinkend. Auch in den Landkreisen Esslingen (20,9), und Tübingen (14,9, Stand: 13.6., 16 Uhr) haben sich die Bewohner längst von der Inzidenzstufe über 35 verabschiedet. Stefan Ehehalt sieht eine Ursache dafür beim Impfstoffmangel in den Hausarzt-Praxen. „Da Stuttgart im Landes- und Bundesvergleich noch immer vergleichsweise hohe Inzidenzen bei zugleich relativ niedrigen Impfquoten verzeichnet, besteht der dringende Bedarf, die Stuttgarter Hausärztinnen und Hausärzte vermehrt mit Impfstoff zu versorgen“, sagt Ehehalt am Montag. Positiv stimmt Ehehalt die Zahl der mittlerweile Genesenen. „Ein signifikanter Teil der Stuttgarter Bevölkerung, nämlich rund 29.000 Personen, ist mittlerweile genesen.“ Das sind umgerechnet rund fünf Prozent der Stuttgarter. 40 Prozent haben inzwischen eine Erst-, 19 Prozent auch eine Zweitimpfung erhalten.
Höchste Ansteckungsgefahr nicht in Schulen und Kitas
Die Vermutung, die vergleichsweise hohen Infektionszahlen in Stuttgart kämen durch die Öffnung von Schulen und Kitas nach den Pfingstferien zustande, räumt Ehehalt aus dem Weg. Orte wie Kitas, Schulen oder der öffentliche Nahverkehr liegen in Stuttgart aktuell um oder unter 1 % der Fälle. Das sei vor allem auf regelmäßige Schnelltests zurückzuführen: „Die Inzidenz ist aktuell auf niedrigem Niveau wie in den Ferien. Es gibt nur einen aktiven Fall in einer Kita sowie mehrere Folgefälle aus den Ferien“, so Ehehalt. An den Schulen habe es lediglich neun Corona-Fälle seit Mai gegeben. Durch Reisen in den Ferien seien weitere Fälle allerdings noch zu erwarten, so Ehehalt. Wenn die Hauptinfektionsquellen für junge Menschen nicht die Bildungseinrichtungen selbst sind, wo sind sie dann zu finden? Die statistische Erfassung des Gesundheitsamtes gibt hierauf Antwort: Die Hauptquellen für Corona-Infektionen sind der eigene Haushalt mit 28 Prozent der Fälle, Verwandtschaft und Freunde (acht Prozent), oder der Arbeitsplatz (vier Prozent).
Lockerungen frühestens ab dem Wochenende
Auch wenn die Hoffnung auf baldige Lockerungen die Stuttgarter zuversichtlich stimmen mag, warnt Ehehalt weiterhin zur Vorsicht im Umgang mit dem Virus, insbesondere mit mutierten Varianten. „Die Pandemie ist noch nicht zu Ende. Auch wenn sich das Virus nicht mehr rasant ausbreitet. Die von uns verzeichnete Inzidenz ist weit höher als im vergangenen Juli oder auch vor der zweiten und dritten Welle“, sagt Ehehalt. Bürgermeisterin Alexandra Sußmann, Mitglied des Gesundheitsausschusses der Stadt, schließt sich an: „Es stimmt zuversichtlich, dass die Dritte Welle gebrochen ist. Mutationen könnten die Pandemie aber neuerlich befeuern.“ Am Montagabend (14. Juni) lag die Inzidenz in Stuttgart glücklicherweise bei 33,3. Schafft es die Stadt ab sofort, die 35er-Grenze vier weitere Werktage in Folge nicht zu überschreiten, winken weitere Öffnungen (um diese Lockerungen geht es). Diese könnten dann frühestens ab kommenden Samstag, 19. Juni in Kraft treten.
VIDEO: Gesundheitsamts-Chef Stefan Ehehalt im Interview aus dem April – „Ansteckungsgefahr in Stuttgart beunruhigend“
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Foto: STUGGI.TV