Ehemaliger OB Fritz Kuhn bezieht Stellung: Weihnachtsmarkt ist Träumerei
Die dramatisch steigenden Corona-Zahlen in Stuttgart beschäftigen derzeit die Stadtpolitik. Am Donnerstag kommt es im Rathaus zum Gipfeltreffen. Hier wird Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats entscheiden, ob oder in welcher Form der geplante Weihnachtsmarkt stattfinden soll. Um 12 Uhr soll das Ergebnis verkündet werden. Etwas überraschend hat sich auf dem sozialen Netzwerk Twitter der ehemalige Stuttgarter OB Fritz Kuhn zu Wort gemeldet. Das sorgt für Gesprächsstoff im Rathaus.
Von David Rau und Johannes Frank
Der ehemalige Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn äußert sich auf Twitter derzeit recht deutlich zur Corona-Situation. Der Grünen-Politiker fürchtet, dass ein erneuter Lockdown notwendig sein wird. Zudem stellt Kuhn die geplanten Weihnachtsmärkte in Frage. Innerhalb der vergangenen Woche setzte Kuhn gleich mehrere Tweets ab und wird dabei ungewohnt deutlich: „Anstatt von Weihnachtsmärkten und vollen Fussballstadien zu träumen, hilft ein Blick auf die Realität“, schrieb Kuhn bereits vor einer Woche. 2G sei nun bundesweit das Gebot der Stunde. „Ich habe den Eindruck, dass viele Entscheider Pandemie und Exponentielles Wachstum nicht richtig verstehen“, so Kuhn weiter. Damit stellt der frühere OB fest: Unter seiner Führung wäre der Weihnachtsmarkt längst abgesagt.
„Wer nimmt dem Kuhn das Handy aus der Hand?“
Die Einmischung Kuhns wird im Rathaus teils mit großer Verwunderung aufgenommen. „So aktiv haben wir ihn in seiner Amtszeit nie erlebt“, heißt es rathausintern aus gleich mehreren Fraktionen. Ein Sozialdemokrat fügt sarkastisch hinzu: „Wer nimmt dem Kuhn das Handy aus der Hand?“. Die Kreisvorsitzende der FDP Stuttgart, Gabriele Reich-Gutjahr, teilt auf Anfrage mit, dass jeder seine politische Meinung öffentlich kundtun könne. „Er ist eine Stimme neben vielen. Ob seine Meinung noch besonderes Gehör findet, nachdem er nicht mehr in Amt und Verantwortung steht, muss jeder und jede selbst entscheiden“, sagt Reich-Gutjahr. Stadtrat Michael Schrade stellt klar, dass die Freien Wähler kein Problem mit Kuhns Äußerungen auf Twitter haben.
„Vom aktuellen OB hört man fast nichts“
Die Grünen-Kreisvorsitzende Amelie Montigel dagegen lobt die Tweets ihres ehemaligen Oberbürgermeisters: „Ich finde es spannend, dass eine Äußerung über Twitter von einem Ex-OB so viel Aufsehen erregt“, sagt Montigel. „Vom aktuellen OB hört man fast nichts, vor allem nicht beim Krisenmanagement“, sagt die 31-Jährige gegenüber STUGGI.TV. Während sich der amtierende OB Frank Nopper mit großem Einsatz für eine „Weihnachtsmarkt light“-Variante einsetzt, kommen vom CDU-Fraktionschef Alexander Kotz beinahe liberale Töne. „Ich unterstütze grundsätzlich solche Ansätze, die denjenigen, die sich und andere durch Impfung schützen, mehr Freiheiten ermöglichen, als für diejenigen, die sich diesem Schutz verweigern.“, sagt Kotz.
Pressesprecher Sven Matis: „Kuhn hat sich große Verdienste um die Stadt erworben“
Ähnlich sieht das die SPD. „Gerade die Stadt muss hier mit gutem Beispiel vorangehen und muss alles unternehmen, dass städtische Veranstaltungen keine Super-Spreader-Events werden“, sagt Stadträtin Lucia Schanbacher. Die Stadtverwaltung äußerte sich auf Anfrage ebenfalls zu Kuhns Aktivitäten auf Twitter. „OB Kuhn hat sich in seiner Amtszeit große Verdienste um die Stadt erworben“, sagt Pressesprecher Sven Matis. Er habe seit Beginn der Pandemie bis zu seinem Ausscheiden den Verwaltungsstab geleitet. „Insofern hat er sich früh breites Wissen über die Bekämpfung der Pandemie erarbeiten können“, so Matis. Ihm stehe es frei, seine private Meinung auf privaten Accounts kund zu tun. Man darf gespannt sein, ob sich Fritz Kuhn am morgigen Donnerstag erneut auf seinem Twitter-Kanal äußern wird. Erst recht, wenn der Weihnachtsmarkt in einer Light-Version stattfinden sollte.
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Foto: STUGGI.TV