So rechtfertigt Kretschmann das Hin und Her bei der 2G plus-Regel
Beinahe stündliche Änderungen bei der 2G plus-Regelung, kurzfristige Absage der Weihnachtsmärkte und Großveranstaltungen: Von vielen Seiten hagelte es in den vergangenen Tagen Kritik für den unsicheren Corona-Kurs der Landesregierung. Ministerpräsident Kretschmann entschuldigte sich am Dienstag bei den Betroffenen.
Ein Hin und Her bei 2G plus
Freitag, 3. Dezember, 15:26 Uhr: Die Landesregierung prescht vor und gibt bekannt, dass bereits ab dem Samstag schärfere Regelungen gelten werden als in der Beschlussvorlage des Bundes vom Donnerstag vorgeschrieben. Ab sofort sollen mit der 2G plus-Regelung auch Geimpfte und Getestete einen negativen Schnelltest vorweisen, wenn sie beispielsweise ein Restaurant besuchen möchten. Dies führte zu großem Unverständnis nicht nur bei den betroffenen Gruppen, sondern auch bei den Gastro-Betreibern. Doch bevor ein umfassendes Aufbegehren überhaupt stattfinden konnte, kam schon die nächste Änderung: Nicht einmal zwei Stunden später folgt die Bekanntgabe, Geboosterte müssen sich doch nicht testen lassen. Doch damit war es noch nicht vorbei mit dem kurzfristigen Rückzug. Am Samstagnachmittag folgt die Nachmeldung: Personen mit einer Boosterimpfung sind von der Testpflicht bei der 2G plus-Regelung ausgenommen. Auch Geimpfte, deren Grundimmunisierung nicht mehr als sechs Monate her ist, sind von der Testpflicht ausgenommen. Dasselbe gilt für Genesene, deren Infektion maximal ein halbes Jahr her ist.
Kretschmann: „Es tut mir leid für die Betroffenen“
Der kurzfristige Corona-Kurs sorgt für reichlich Unverständnis im Ländle. Auch Zuschauer in den Stadien und Weihnachtsmärkte wurden vom einen Tag auf den nächsten verboten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) entschuldigte sich am Dienstag im Rahmen der Landespressekonferenz bei den Beteiligten. „Dass es im Verfahren so holprig war, tut mir wirklich leid für die Betroffenen“, so Kretschmann. Während er die Verunsicherung bedauere, hält der Grünen-Regierungschef die neuen 2G plus-Regeln aus Infektionsschutz-Sicht dennoch für vertretbar und verteidigt auch kurzfristige Entscheidungen. „Das bringt Unmut, den ich auch verstehe. Aber das Virus lässt keine langen Planungszeiten zu“, so Kretschmann. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) fügt dem trocken hinzu: „Das ist eine eindeutige Botschaft: Lass dich nach sechs Monaten boostern.“
Woher rührt der Zick-Zack-Kurs?
Bereits gut eine Woche vor den neuen Bekanntgaben wurde bei einer landesweiten Inzidenz von 476 (Stand: 24.11.) die Alarmstufe II in Baden-Württemberg ausgerufen. Hier waren noch 25.000 Menschen in den Stadien vor Ort möglich, Weihnachtsmärkte unter 2G plus-Regelungen erlaubt. Warum also so ein abrupter Abbruch rund eine Woche später? Laut Kretschmann seien nach den freien Beratungen zwischen den Ministerpräsidenten und der Bundesregierung Beschlussvorschläge auf Social Media „rumgepostet“ worden, die nachher hätten korrigiert werden müssen. „Dadurch ist Verwirrung entstanden“, sagt der baden-württembergische Ministerpräsident. Als weiteren Grund führt Kretschmann Zeitdruck an. Man habe sich in der Landesregierung beispielsweise Bilder aus dem VfB-Stadion ohne Masken- und Abstandsregeln angeschaut und festgestellt: „Die Bilder, die man unter anderem beim VfB gesehen hat, darf es so aktuell nicht geben“, sagt Kretschmann. Mit der kurzfristigen Verordnung habe man den Samstag immerhin noch mitnehmen können, um große Menschenansammlungen zu verhindern.
Die „Fahrt auf Sicht“ geht weiter
Dass langfristige Planungen in der Corona-Krise kaum möglich sind, ist bisher allgemein bekannt. Wird es aber Konsequenzen geben, damit sich ein Hin und Her wie am letzten Freitag nicht wiederholt? Sozialminister Lucha will in Zukunft zumindest mehr Struktur in die Corona-Planungen geben. Man müsse vorab prüfen, an welchen Stellen „Regelungskontroversen auftauchen können, damit man sie von vornherein ausschließen kann“. Sind also angesichts der hohen Infektionszahlen weitere harte Maßnahmen geplant wie z.B. die Schließung von Restaurants und Einzelhandel oder Sperrstunden? Konkrete Planungen gibt es dazu laut Winfried Kretschmann aktuell noch nicht: „Wir fahren auf Sicht, wie immer.“
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