Initiative „Tempo 30“: Was die Entscheidung für Stuttgart bedeutet
Mehr Handlungsspielraum bei Geschwindigkeitsbegrenzungen: Das fordert die Städteinitiative "Tempo 30". Die Stadt Stuttgart will sich dieser nun anschließen. Wie hoch stehen die Chancen, dass Stuttgart bald zur 30er-Zone wird?
„Tempo 30“-Initiative fordert mehr Handlungsspielraum
Grüne, SPD und Linke hatten sich im Gemeinderat bereits vergangenen Sommer dafür stark gemacht, jetzt soll die Stadt Stuttgart tatsächlich dem Städtebündnis „Tempo 30“ beitreten. Einem fraktionsübergreifenden Antrag im Ausschuss für Stadtentwicklung hatten 9 von 16 Gemeinderäten zugestimmt. Die bundesweite Initiative fordert, dass Kommunen ohne Einschränkungen innerorts Tempo 30 verordnen können. Bisher war die Regelung genau andersherum: Wer eine Ausnahme vom Tempo 50 in der Stadt forderte, brauchte einen besonderen Grund, wie beispielsweise die Luftreinhaltung.
„Klatsche für Nopper“
Die Fraktionschefin der Grünen, Petra Rühle, bezeichnete die Entscheidung als „Klatsche“ für CDU-Oberbürgermeister Frank Nopper. Der OB verkenne „durch seine ablehnende Haltung die Chancen, die für die Stadt von der Ausweitung des kommunalen Handlungsspielraums ausgehen.“ Die Entscheidung bedeutet für Stuttgart zwar vorerst nicht zwangsläufig ein übergreifendes Tempo 30. Bei einer öko-sozialen Mehrheit im Gemeinderat ist es aber nicht unwahrscheinlich, dass die ein oder andere Hauptverkehrsader in der Landeshauptstadt nur noch mit 30 Stundenkilometern befahren werden darf.
Jetzt liegt es am Bund
Die Frage ist nun, inwiefern sich die Forderung der Stadt Stuttgart auf Bundesebene überhaupt umsetzen lassen wird. Immerhin ist das Verkehrsministerium in FDP-Hand. Verkehrsminister Volker Wissing hatte zwar angedeutet, den Kommunen mehr Handlungsspielraum zusprechen zu wollen. Ob sein Ministerium tatsächlich mehr Einschränkungen in Richtung Tempo 30 durchgehen lassen wird, ist zweifelhaft. Bislang sind der Initiative bundesweit 70 Kommunen beigetreten, um mehr Handlungsspielraum bei der Geschwindigkeitsbegrenzung zu erlangen.
OB Nopper befürchtet flächendeckendes Tempo 30
Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) gab sich angesichts der Entscheidung geschlagen, sieht den Beitritt zur Initiative aber als „Einfallstor für ein pauschales flächendeckendes Tempo 30“. Das würde wiederum die „Bedeutung des Wirtschaftsstandortes“ Stuttgart in Gefahr bringen, so der OB in der Debatte des Verkehrsausschusses am Dienstag. Nopper befürchtet, dass Stuttgart zu Lasten der Bürger und des Verkehrs zur 30er-Zone wird – mit dem Verweis darauf, dass die Geschwindigkeit bei klimafreundlichen Fahrzeugen und einem besseren Verkehrsfluss zweitrangig sei.
CDU-Chef Malliaras: „Grün-linke Mehrheit geht am Leben vorbei“
Noppers persönlicher Referent wählt noch härtere Worte: Der CDU-Kreisvorsitzende Thrasivoulos Malliaras warf der öko-sozialen Mehrheit auf seinem persönlichen Instagram-Kanal vor, „am Leben vorbeizugehen“ und sprach von einer „Abteilung Wolkenkuckucksheim“. Am Donnerstag wird im Gemeinderat über den Beitritt zur „Tempo 30“-Initiative final abgestimmt. Die Chancen für die Gegner des Abkommens stehen mehr als schlecht. Die Entscheidung zeigt einmal mehr, wie machtlos der Stuttgarter OB unter der derzeitigen öko-sozialen Mehrheit im Gemeinderat sein kann.
VIDEO: Wie sicher sind E-Scooter in Stuttgart?
Das Video wird nicht angezeigt? Hier klicken.
Foto: STUGGI.TV