Die Angst vor dem Krieg beschäftigt Telefonseelsorge in Stuttgart
Viele Menschen belastet der Krieg in der Ukraine deutlich. Das merken auch die Telefonseelsorgen der katholischen und evangelischen Kirche in Stuttgart. "Besonders beängstigend für die Anrufer ist eine weitere Eskalation des Krieges und ein möglicher Atomkrieg", sagt Nicole Höfle vom Katholischen Stadtdekanat.
„Der Weltschmerz erdrückt mich“
180 Menschen arbeiten ehrenamtlich bei den Telefonseelsorgen der katholischen und evangelischen Kirche in Stuttgart. Im letzten Jahr sind rund 33.000 Anrufe eingegangen. Täglich landen rund 90 Menschen in der Leitung, um über ihre Sorgen und Nöte zu sprechen. Seit Ende Februar ist auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ein Thema. Insbesondere junge Anrufer fürchten sich vor ihrer Zukunft, ältere Menschen fühlen sich in den zweiten Weltkrieg zurückversetzt. Wegen der medialen Direktheit der Bilder falle es vielen Menschen schwer, sich zu schützen, meint Martina Rudolph-Zeller, die Leiterin der evangelischen Telefonseelsorge. Sie zitiert einen jungen Mann mit dem Satz: „Der Weltschmerz erdrückt mich“.
Viele haben Angst vor einem Atomkrieg
In der Pandemie mussten sich viele junge Menschen zurückziehen und haben dadurch soziale Kontakte verloren. Mit den schrecklichen Bildern aus dem Ukraine-Krieg kommt ein weiteres belastendes Thema hinzu. Gerade jungen Menschen falle es schwer, diese Bilder zu verarbeiten, da sie noch keine Krise in diesem Ausmaß erlebt haben, erklärt Nicole Höfle vom Katholischen Stadtdekanat. „Besonders beängstigend für die Anrufer ist eine weitere Eskalation des Krieges und ein möglicher Atomkrieg“. Viele Menschen kommen mit den aktuellen Entwicklungen nicht mehr zurecht und wenden sich daher an die Telefonseelsorge.
Chatberatung wird immer beliebter
Die beiden Kirchen in Stuttgart bieten nicht nur eine Telefon-Hotline an. Vor allem junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren nutzen die Chatfunktion, die immer mehr an Beliebtheit gewinnt. Diese ist im vergangenen Jahr von 1.822 auf 2.438 Chatkontakte gestiegen. Das wichtigste Thema im Jahr 2021: Die Angst vor der Zukunft, zum Beispiel vor dem Klimawandel. Nicht nur die Kirchen bieten eine Telefonseelsorge an. Weitere Anbieter sind die „Nummer gegen den Kummer“ oder das „Info-Telefon Depression“, das von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe gegründet wurde.
VIDEO: Geflüchtete aus der Ukraine erreichen Stuttgart
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