Digitalisierung an Schulen: Warum geht es in Stuttgart nicht vorwärts?
Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung an Schulen vorangetrieben. Doch längst nicht alle Schulen sind inzwischen gut ausgerüstet für digitalen Unterricht. Vor allem ältere Schulgebäude können die Anforderungen oft nicht erfüllen. Bei der Sanierung dieser Schulen hängt Stuttgart deutlich zurück. Mit einem neu entwickelten Tool will das Kultusministerium die digitale Entwicklung unterstützen.
Stuttgart hinkt hinterher
Bund und Land hat unter Beteiligung der Schulträger in den vergangenen zwei Jahren massiv in die digitale Ausstattung an Schulen investiert – auch weil die Corona-Pandemie einen gewaltigen Digitalisierungsschub ausgelöst hat. Das teilte das Kultusministerium am Vormittag in einer Pressemitteilung mit. Für Stuttgart sei das jedoch nur zum Teil zutreffend. Manfred Birk, kommissarischer geschäftsführender Leiter der Stuttgarter Gymnasien, sieht viele Schulen in der Stadt noch längst nicht gut ausgerüstet. „Das Geld des Landes kommt nicht direkt zu den Schulen, sondern an die Kommunen, die es wiederum in digitale Maßnahmen umsetzen müssen“, sagt Birk. Das gelänge manchen Kommunen besser als anderen. Das Problem in Stuttgart sei, dass gerade viele alte Gebäude erst modernisiert werden müssten, damit eine digitale Vernetzung stattfinden könne.
„Digitalisierung auf Basis vollkommen veralteter Zustände“
Dazu gehört auch seine eigene Schule. Das Dillmann-Gymnasium wurde im Jahr 1958 erbaut und ist denkmalgeschützt. „Da haben wir damit zu kämpfen, die Digitalisierung auf der Basis vollkommen veralteter Zustände voranzubringen“, sagt Birk. Die Schule stehe zwar auf der Sanierungs-Liste, „aber wir müssen aktuell schon mit mindestens 10 Jahren Verzögerung rechnen“, so der Schulleiter. Doch woran liegt das? Das Geld sei nicht das Problem. Jedoch sei es der Stadt jahrelang nicht gelungen, das erforderliche Personal für die Planung zu finden, um diese Sanierungen durchzuführen. Und bei den wenigen Schulen, die saniert werden, stelle man fest, dass sich die Bauvorhaben in die Länge ziehen. Dadurch verschiebe sich der komplette Zeitplan. „Das ist eine sehr paradoxe Situation“, schließt Birk daraus.
Birk fordert externe Steuerung
Eine Lösung bestünde laut Manfred Birk darin, die Projektplanung und -steuerung extern zu vergeben. „Da kann eine Privatisierung helfen, das muss nicht alles über die Ämter gehen“, sagt der Schulleiter. Es gebe genug Ingenieurfirmen, die die Planung übernehmen könnten. Damit könne man mehr Sanierungen gleichzeitig umsetzen. Es müsse vor allem eine bessere und effektivere Projektsteuerung geben, die mehrere Projekte gleichzeitig zulasse. „Wir können uns als Stuttgarter Schulen nicht leisten, da zurückzufallen“, fordert Birk. Nur Laptops oder Tablets aufstellen reiche nicht. Entscheidend sei die Vernetzung und flächendeckendes WLAN sowie Projektionsmöglichkeiten in jedem Raum, um von der Kreidetafel wegzukommen. Viele Fragen seien da bisher noch unbeantwortet.
Kultusministerium will Digitalisierung mit Tool voranbringen
Mit einem neuen Tool will das Kultusministerium die digitale Entwicklung weiter vorantreiben. „Um die Digitalisierung an Schulen weiter voranbringen zu können, ist es notwendig, eine gute Bestandsanalyse als Basis zu haben“, sagt Kultusstaatssekretärin Sandra Boser. Das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) hat dafür ein digitales Werkzeug entwickelt, mit dem Schulen für sich selbst eine umfassende Standortbestimmung vornehmen können. Die Schulen sollen damit intern evaluieren können, wie gut sie mit der Digitalisierung vorangekommen sind und daraus die nächsten Schritte für die digitale Schulentwicklung auf den Weg bringen. Dieses Verfahren soll nun erst erprobt werden und letztlich an den Schulen zum Einsatz kommen. „Für mich ist zwar neu, dass das Tool kommen soll, doch grundsätzlich ist es ein richtiger Schritt, dass geschaut wird, wie der Stand ist“, sagt Manfred Birk.
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