Mit der Berufung des SPD-Vorsitzenden Martin Körner als neuer Chefstratege sorgte Stuttgarts OB Frank Nopper für einen Paukenschlag. Selbst die Fraktionen im Rathaus wurden von der Nachricht völlig überrascht. Die Reaktionen der Stadträte sind dabei sehr unterschiedlich.
Das sind die Reaktionen der Gemeinderäte
Florian Pitschel, Stadtrat Die Grünen: „Weil das lange und groß angekündigte „OB-Strategieteam“ im Gemeinderat kaum jemanden überzeugt hat, muss der OB die Notbremse ziehen. Der Oberbürgermeister lässt nach wie vor keinen Plan für die Zukunft unserer Stadt erkennen. Den Fraktionsvorsitzenden der SPD zum Chefstrategen im Rathaus zu ernennen, ist noch lange kein Plan, um die großen Aufgaben und Herausforderungen Klimakrise, Mobilität und Wohnen strategisch anzupacken.“
Alexander Kotz, CDU-Fraktionsvorsitzender: „Martin Körner hat den großen Vorteil, dass er sofort in die Aufgabe starten kann, weil er alle kennt, die handelnden Gremien und Akteure kennt und gut vernetzt ist. Da gibt es wenige, die so ein fundiertes Wissen haben, um einfach loszustarten. Es wäre aber auch interessant gewesen, jemanden von außen zu nehmen, der den Blick von außen auf unsere Kommunalpolitik hat, weil wir im Rathaus doch inzwischen ein bisschen mit Scheuklappen unterwegs sind und bei den ein oder anderen Themen festgefahren sind. Aber jetzt ist es diese Variante. Ob das Team Nopper und Körner sowohl im zwischenmenschlichen gut zusammenarbeiten kann und wie das auch inhaltlich passt mit jemandem, der in der Sozialdemokratie verortet ist, das muss man jetzt abwarten und Martin Körner erstmal die Chance geben, zu zeigen, wie er diese Rolle annimmt. Es ist ungewöhnlich, es kann gut funktionieren, aber auch schlecht. Noppers Entscheidung für Körner ist ungewöhnlich und sehr mutig. Martin Körner muss nun die Ideen und Zielsetzungen von Nopper umsetzen und dafür eine Strategie entwickeln. Bewerten können wir das erst später.“
Lucia Schanbacher, Stadträtin SPD: „Wir verlieren Martin Körner als Fraktionsmitglied ersatzlos. Das bedeutet für uns als Fraktion, dass wir uns komplett neu aufstellen müssen. Allerdings kann ich einer möglichen Debatte, ob Nopper sich dadurch jetzt die SPD „eingekauft“ hat, direkt den Wind aus den Segeln nehmen. Körner gehört dann nicht mehr unserer Fraktion an. Das heißt, unsere Meinungsbildung wird von einem CDU-OB Nopper nicht beeinflusst werden. Das muss man so deutlich sagen. Wir müssen uns jetzt als Fraktion ohne Martin Körner neu finden, es gibt viele Punkte, die wir anders machen werden. Klar ist aber: Wir rücken nicht vom öko-sozialen Bündnis ab. Wir werden jetzt nicht mit der CDU plötzlich gemeinsame Sache machen. Die Überraschung war groß. Das müssen wir auch erst mal verarbeiten.“
Hannes Rockenbauch, SÖS-Fraktionsvorsitzender: „Aus Sicht von Nopper und Körner eine ziemlich logische Ergänzung. Das ist quasi geteilte Führung: Der eine soll es nach innen richten, sich um die Prozesse und die Umsetzung zu kümmern, worauf Nopper offensichtlich keinen Bock hat. Und Nopper selbst ist der Repräsentant nach außen. Jetzt braucht er einen mit Gestaltungswillen, der ist mit Körner vorhanden, deshalb ist das aus dieser Sicht logisch, auch wenn es mich sehr überrascht hat. Aber auch inhaltlich passt das, weil sich beide bei großen, strategischen Dingen doch ähnlich sind, sowohl beim Bauen als auch bei Infrastruktur und Verkehrsfragen. Das ist zwar schlecht für die Stadt, es passt aber inhaltlich zusammen, was da passiert. Politisch ist das schon krass, dass die CDU diesen Posten offenbar nicht besetzen konnte und jetzt der starke Mann der SPD in die Bresche springen muss. Er hinterlässt jetzt seine Fraktion und paktiert mit seinem ehemaligen Konkurrenten. Die Nummer müssen wir erstmal verdauen. Ich bin sehr gespannt, wie die beiden Egos miteinander funktionieren. Wenn sie sich die Arbeit klar aufteilen, kann das funktionieren und dann bin ich sehr gespannt, was daraus wird.“
Sibel Yüksel, FDP-Fraktionsvorsitzende: „Grundsätzlich ist das eine gute Entscheidung des OB. Auch weil Martin Körner die Stadt und die Verwaltung sehr gut kennt und eine Verbindung zum Land hat. Für die SPD-Fraktion ist das schlecht, das wird sie schwächen. Als so erfahrener Politiker wird er fehlen, da wird eine Lücke klaffen. Ob Jasmin Meergans das so schnell auffangen kann, ist fraglich. Für die Stadt ist es aber eine gute Sache, da kann die Stadt und der OB nur profitieren. Es war sehr überraschend, da wusste in den Fraktionen niemand etwas. Wir in der FDP haben absolut nicht damit gerechnet. Es ist eine mutige Entscheidung des OB, sich jemanden von der SPD als Stratege zu holen, da fragt man sich schon, ob die CDU nicht genug eigene Leute hat. Der OB und Körner sind ja politisch auch nicht immer auf einer Linie gewesen.“
Christoph Ozasek, Stadtrat Fraktionsgemeinschaft Puls: „Dass ein so profilierter politischer Kopf wie Martin Körner nun in so eine Rolle wechselt, das ist bemerkenswert. Für die SPD wird es schwierig werden, ihn zu ersetzen, weil er schon ein prominenter und rhetorisch sehr fähiger Mensch ist, der die Fraktion sehr stark profiliert hat. Das wird spannend, wer da nachfolgt. Politisch kann man das so einordnen, dass offensichtlich ein Strategie-Vakuum um den OB herum entstanden ist. Es ist schon faszinierend, dass er da wohl niemand finden konnte, der ihm hilft, dieses Vakuum zu füllen. Nun ist er auf Martin Körner gekommen, wo sich vielleicht auch eine strategische Partnerschaft zwischen der CDU mit der SPD abzeichnet. Da wird es auch spannend sein, wie sich die SPD zukünftig im Gemeinderat verhalten wird. Ich glaube auch, dass Körner weiterhin großen Einfluss auf die SPD-Fraktion haben könnte. Mit Martin Körner können wir prinzipiell gut arbeiten und er wird da auch wichtige Impulse einbringen können, sofern Nopper ihm den Spielraum gibt, um Strategien zu entwickeln.“
VIDEO: Schon im OB-Wahlkampf konnte sich Nopper eine Zusammenarbeit mit Mitbewerber Körner vorstellbar
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Foto: STUGGI.TV