Hitze und Unwettergefahr: Land verschärft Strategien gegen Hochwasser, Starkregen und Wassermangel
Das Land verstärkt seine Anstrengungen, um die Menschen in Baden-Württemberg besser vor Hochwasser, Starkregen und Wassermangel zu schützen. Das Kabinett billigte die Pläne von Umweltministerin Thekla Walker zur Weiterentwicklung der Hochwasserstrategie des Landes und zum Umgang mit Wassermangel am heutigen Dienstag. Damit reagiert das Land auf die Zunahme von Extremwetterereignissen in Folge des Klimawandels.
Umweltministerin Walker: „Das Wetter eskaliert“
Der Schritt vor die Türe fällt in diesen Tagen besonders schwer. Temperaturen weit über 30 Grad, sogar bis 40 Grad sorgen für Hitzerekorde im Süden Deutschlands. Auf der Gegenseite gibt es aber auch vermehrt Hochwasser und Überschwemmungen. „Das Wetter eskaliert“, sagt Umweltministerin Thekla Walker (Grüne). Das bedinge sich gegenseitig. Auf der einen Seite große Trockenheit und Hitze, auf der anderen Seite die Gefahr von katastrophalen Gewittern nach solch einer Hitzeperiode. Das trockene Land könne dann das Wasser gar nicht mehr aufnehmen und führe so zu Hochwasser.
Kretschmann warnt vor Extremwetter
Das Land will nun seine Strategien gegen Hochwasser, Starkregen und Wassermangel vorantreiben. „Viele Bäche und Flüsse bei uns führen schon wieder Niedrigwasser, was Mitte Juli nicht normal ist“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Vor allem die dramatische Lage in Norditalien, wo das Wasser in Folge der Trockenheit rationiert werden muss, und die brennenden Wälder in Portugal, Spanien und Südfrankreich seien Warnungen. „Es ist wichtig und richtig, bereits jetzt Vorsorge zu treffen. Denn eines ist klar, die extremen Wetterereignisse werden in den kommenden Jahren zunehmen“, so Kretschmann.
Land ergreift Maßnahmen
Experten erwarten ein stetig steigendes Schadenspotenzial auch für Baden-Württemberg. Sollte es im Land nicht gelingen, entsprechende Vorsorge zu treffen, steige die Schadenserwartung von aktuell 0,4 Milliarden auf 1,4 Milliarden Euro im Jahr. „Um für die Zukunft besser vorbereitet zu sein, haben wir heute im Ministerrat die Weiterentwicklung unserer Hochwasserstrategie sowie eine Wassermangelstrategie verabschiedet“, sagt Kretschmann. Außerdem soll das Tempo bei der Umsetzung der Maßnahmen erhöht werden. So soll es bis 2024 einen systematischen Plan für das Land geben und in den nächsten Jahren schon zur Anwendung kommen.
Maßnahmen für die Zukunft wichtig
Die Pläne von Umweltministerin Thekla Walker sehen vor, genaue Maßnahmen zu identifizieren und eine aussagekräftige Datengrundlage zu schaffen, damit aus den Risiken Dürre, Hochwasser und Starkregen keine Katastrophen werden. Im Moment gebe es zwar nur punktuell Wasserdefizite, flächendeckend sei das in Baden-Württemberg noch gesichert. Aber das könne sich in Zukunft ändern. „Vielleicht ist es bald so, dass nicht mehr jeder im Hochsommer seinen Garten bewässern oder einen Pool aufstellen und befüllen kann“, sagt Walker. Dann habe beispielsweise die Landwirtschaft Vorrang. Bei den Umweltkatastrophen gehe es aber auch um „Menschenleben und das Leid vieler Menschen, deren Heimat zerstört wird“, so die Umweltministerin.
Wesentliche Maßnahmen im Umgang mit Hochwasser
Die Weiterentwicklung der Hochwasserstrategie zeigt die zentralen Handlungserfordernisse auf, die unter besonderer Berücksichtigung der Hochwasserereignisse 2021 im Ahrtal und in Nordrhein-Westfalen sowie durch vermehrt auftretende Starkregenereignisse abgeleitet wurden. Die wesentlichen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen sind:
- Die Datengrundlagen müssen im Hinblick auf die Gefährdung durch Hochwasser verbessert werden. Aktuell sind die Informationsgrundlagen vor allem an kleineren Gewässern ungenügend. Besonders hier ist die Hochwassergefahr durch häufigeren Starkregen deutlich angestiegen – kleine Bäche können sich in reißende Ströme verwandeln.
- Die hydrologischen Kennwerte sind regelmäßig zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Diese werden zum Beispiel für die Bemessung und Sicherheitsausführung von Hochwasserschutzeinrichtungen sowie für die Fortschreibung der Hochwassergefahrenkarten benötigt.
- Die Kommunikation zwischen Innenministerium und Umweltministerium wird weiter konsequent verbessert, die Zusammenarbeit zwischen Wasserwirtschaft und der sogenannten „Gefahrenabwehr“ wie Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste intensiviert. Hierzu wurde bereits die Einrichtung eines runden Tischs vereinbart. Die auf den Wetterwarnungen basierenden Abflussvorhersagen an Pegeln müssen künftig sehr viel stärker in Flächeninformationen umgesetzt werden. Ziel ist es, künftig auch für kleinere Einzugsgebiete konkretere Vorhersagen bereitstellen zu können.
- Kommunen sollen das Starkregenrisikomanagement verstärkt in Angriff nehmen, um die Risiken von lokalen Starkregenereignissen und Sturzfluten weiter zu verringern. Das kommunale Starkregenrisikomanagement wird hinsichtlich der zusätzlichen Gefährdung durch Erosion und Geröll und Gestein weiterentwickelt.
- Technische Hochwasserschutzmaßnahmen leisten einen zentralen Beitrag, insbesondere bei häufigen und mittleren Hochwassern. Technische Maßnahmen sollen nun zügig umgesetzt werden, um einen adäquaten Schutz zu bieten und Risiken zu mindern.
Wesentliche Maßnahmen im Umgang mit Wassermangel
Durch den fortschreitenden Klimawandel werden in Baden-Württemberg Trockenperioden mit Wassermangel häufiger und auch länger anhaltend auftreten. Dies ist verbunden mit großen wirtschaftlichen Schäden – etwa in der Land- und Forstwirtschaft, mit einer reduzierten Energieproduktion aus Wasserkraft, Kohle und Strom sowie mit gravierenden Auswirkungen auf die Ökologie. Konflikte um konkurrierende Wassernutzungen, insbesondere mit der Trinkwasserversorgung, werden zunehmen. Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Ressource Wasser und die Steuerung von Wassernutzungen müssen vorausgeplant und vorsorgende Maßnahmen zum Schutz ergriffen werden. Die wesentlichen Maßnahmen der Wassermangelstrategie sind:
- Kernelement der Wassermangelstrategie ist die Einrichtung eines Niedrigwasser-Informations-Zentrums. In diesem sollen die benötigten Informations- und Datengrundlagen mit erweiterten Prognosen und kleinräumigen Wasserbilanzen aufgebaut werden. Damit wird landesweit eine wesentliche Datengrundlage bei Wassermangelsituationen sowie zum verfügbaren Wasserdangebot bereitgestellt.
- Daneben ist das gewässerkundliche Messnetz (Oberflächengewässer und Grundwasser) zu überarbeiten, da die Informationsgrundlagen vor allem an kleineren Gewässern und im Grundwasser ungenügend sind. Gerade bei kleinen Gewässern und bei Grundwasser ist die Gefahr von Wassermangel und Niedrigwasser stark gestiegen.
- Die Zusammenarbeit mit anderen Ressorts für ein verbessertes Wassermangelmanagement wird intensiviert, um die Umsetzung des Handlungsbedarfs gemeinsam voranzubringen. Der Wasserrückhalt in der Fläche und die Grundwasserneubildung werden verstärkt.
VIDEO: Macht Stuttgart genug für den Klimaschutz?
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