Rotlichtmilieu in Stuttgart: Wie geht es mit dem Leonhardsviertel weiter?
Die Diskussionen um das Leonhardsviertel gehen in eine neue Runde. Die Stadt will erreichen, dass eine positive Entwicklung des Quartiers dazu führt, dass die Bewohner nicht daraus verdrängt werden. Vor allem die Prostitution ist der Stadt dabei ein Dorn im Auge. John Heer, Bordellbesitzer in Stuttgart, wirft der Stadt dabei vor, ein Versprechen gebrochen zu haben.
Viele Fragen offen
Es kommt Bewegung in die Kontroverse um das Leonhardsviertel. Dennoch sind viele Fragen weiterhin ungeklärt. Wann und ob das Rotlichtmillieu aus dem Viertel verbannt wird, ist offen. Von den Ankündigungen von Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne), die Altstadt von allen Vergnügungsstätten zu befreien, war zuletzt nichts mehr zu hören. Mit einem neuen Bebauungsplan wollte die Stadt die Angelegenheit neu angehen. Auch die Bürger sollten umfassend beteiligt werden. Für die Stadt hat sich das ganze Thema nun zu einem Spiel mit dem Feuer entwickelt.
Bordellbesitzer fordert Versprechen ein
Der bekannte Stuttgarter Bordellbesitzer John Heer wirft dem Baubürgermeister gar vor, ein Versprechen gebrochen zu haben. Am 8.6.2022 sicherte Pätzold gegenüber der Stuttgarter Zeitung zu: „Wir werden eine öffentliche, moderierte Veranstaltung machen, bei der wir über die verschiedenen Themen informieren. Dort wird es dann einen Austausch geben“. In einer Pressemitteilung stellt Heer als Vorsitzender des Verbandes deutscher Laufhäuser klar, dass solch eine Veranstaltung und Bürgerbeteiligung bislang nicht stattgefunden habe. Das fordert Heer jedoch vehement ein.
Positionen sind stark unterschiedlich
Dabei geht es John Heer grundsätzlich darum, dass eine offene Diskussion mit den Bürgern, Gewerbetreibenden, den dort tätigen Prostituierten, Organisationen und Hauseigentümern des Leonhardsviertels geführt wird und sich die Stadt deren Wünsche anhört. „Für mich persönlich – genauso wie für alle anderen bestandsgeschützten Bordellbetriebe in diesem Viertel – hätte ein neuer Bebauungsplan keinerlei Auswirkungen“, sagt Heer gegenüber unserem Onlinesender. Die Stadt sieht das wohl anders und beharrt auf ihrer Position.
Mehr illegale Prostitution in Stuttgart?
Doch was würde passieren, wenn die Stadt tatsächlich die Prostitution aus dem Leonhardsviertel verbannen würde? „Es würde bedeuten, dass noch mehr Prostituierte in die Illegalität abtauchen“, ist sich John Heer sicher. Dies hätte zur Folge, dass das Prostituiertenschutzgesetz umgangen wird, wie beispielsweise die Anmeldung bei den Behörden und der Sicherheitsdienst in den legalen Betrieben. Der Bordellbetreiber befürchtet außerdem, dass „mit Sicherheit deutlich mehr Übergriffe auf Prostituierte stattfinden“ würden.
Stadt reagiert
Unter zunehmender Bedrängnis hat die Stadt nun reagiert. In einer Pressemitteilung hat die Verwaltung am gestrigen Freitag mitgeteilt, „die noch ausstehende Informationsveranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger zu den Entwicklungen im Leonhardsviertel Anfang des nächsten Jahres durchführen“ zu wollen. Zeitpunkt und Ort der Informationsveranstaltung sollen noch bekannt gegeben werden. Erst nach dieser Veranstaltung würden in den städtischen Gremien weitere Beschlüsse gefasst. Zudem soll das Thema Prostitution in der Landeshauptstadt in einer der kommenden Sitzungen des Sozial- und Gesundheitsausschusses auf der Tagesordnung stehen.
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Foto: STUGGI.TV