Sibel Yüksel tritt aus FDP aus: Das sind die Reaktionen in der Stuttgarter Politik
Drastischer Schritt im Rathaus: Die FDP-Fraktionsvorsitzende Sibel Yüksel hat am Dienstag ihre Mitgliedschaft gekündigt und tritt aus der Partei aus. Grund seien Differenzen in der parteipolitischen Ausrichtung. Yüksel bleibt aber als fraktionsloses Mitglied im Gemeinderat. Doch wie sind die Reaktionen auf diesen überraschenden Schritt?
Sibel Yüksel verkündet Austritt
Die FDP-Fraktionsvorsitzende zieht Konsequenzen: Sibel Yüksel hat ihren Austritt aus der FDP-Gemeinderatsfraktion erklärt. Gleichzeitig hat sie ihre Partei-Mitgliedschaft gekündigt. „Ich sehe in der FDP nicht mehr meine politische Heimat, nachdem sich die Parteipolitik und in Teilen auch die Ausrichtung der FDP-Fraktion im Gemeinderat Stuttgart immer weniger mit meinen eigenen Werten decken“, begründet die Stadträtin auf Facebook. Mehrere Gespräche mit Yüksel hätten nicht mehr auf eine gemeinsame Einigung geführt, wie die FDP-Kreisvorsitzende Gabriele Reich-Gutjahr gegenüber STUGGI.TV bestätigt. „Sie hatte sich längere Zeit schon Gedanken gemacht, weil sie nicht mehr so richtig einverstanden war mit einigen Themen der FDP“, sagt Reich-Gutjahr.
Differenzen zwischen Yüksel und FDP
In der Vergangenheit hatte es schon öfter Differenzen zwischen Yüksel und ihrer Partei gegeben. So hatte sich beispielsweise beim Thema Waffenverbotszone die FDP dafür eingesetzt, Yüksel hatte sich öffentlich dagegen positioniert. Einzelne Sachthemen seien jedoch nicht ausschlaggebend für den Austritt Yüksels gewesen, meint Reich-Gutjahr. Einen starken Meinungsbogen müsse jede Partei aushalten. „Ich bin nicht erleichtert über den Austritt, manche anderen mögen das vielleicht sagen“, sagt Reich-Gutjahr und lässt damit doch einen Blick in die Seele der FDP zu. Dort waren längst nicht alle einverstanden mit den Positionen und Äußerungen Yüksels.
Yüksel behält ihr Mandat, FDP verliert Sitz
Yüksel bleibt als fraktionsloses Mitglied im Gemeinderat. Für die FDP bedeutet das eine Schwächung im Rat. Das weiß auch Reich-Gutjahr. „Wir hätten es begrüßt, wenn sie in dem Zug auch ihr Mandat im Gemeinderat abgegeben hätte“, so die FDP-Kreisvorsitzende. Bisher waren die Freien Demokraten mit fünf Sitzen gemeinsam mit der Fraktionsgemeinschaft Puls auf Platz 5. Durch den Austritt Yüksels rutscht die Fraktion nun einen Platz zurück und bildet mit den Freien Wählern und der AfD, die alle jeweils vier Sitze haben, das Schlusslicht. Yüksel wird nun als Einzelkämpferin ihre Positionen im Gemeinderat vertreten. „Aber ich hoffe natürlich, dass sie weiterhin im Sinne der FDP abstimmen wird“, sagt Reich-Gutjahr.
Landes-FDP hält sich bedeckt
Die Landes-FDP schlägt auf Anfrage unseres Onlinesenders defensive Töne an. Zunächst gelte es, die Entscheidung von Yüksel zu respektieren. „Zu den Themen und Gründen kann ich leider nichts sagen“, meint der Stuttgarter Landtagsabgeordnete Friedrich Haag. „Ich war dabei nicht involviert“. Grundsätzlich gebe es jedoch keine komplett differenten Haltungen zwischen ihr und der Landes-FDP. Klar ist aber, dass mit Yüksel nun eine meinungsstarke Politikerin die FDP verlässt, die sich auch mal gegen ihre Partei gestellt hat, um vor allem ihre sozialliberale Position zu vertreten. Intern hatte es deswegen ein ums andere Mal rumort.
CDU-Stadtrat Sauer: „Keine Trotzreaktion“
Die anderen Gemeinderatsfraktionen zeigen sich überrascht vom Austritt Yüksels. „Sie wird ihre Gründe haben, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie sich letztlich zu diesem Schritt entschließt“, sagt Stadtrat Jürgen Sauer gegenüber unserem Onlinesender. Yüksel habe immer ihre eigene Linie vertreten, zuletzt mit der Waffenverbotszone. „Das war womöglich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, meint Sauer. Der konsequente Austritt sorgt nun dafür, dass die FDP einen Sitz weniger im Rat hat. Sauer geht aber von einer bewussten Entscheidung Yüksels aus, die Fraktion zu verlassen, aber das Mandat zu behalten. „Ich denke, es ist keine Trotzreaktion, um der FDP eins auszuwischen“. Vielmehr habe Yüksel offensichtlich noch politische Ziele. Die Trennung könne „für beide Seiten auch eine Art Befreiung sein“.
Schwächung im Wahlkampf?
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Jasmin Meergans sieht vor allem eine Schwächung der FDP im bevorstehenden Wahlkampf für die Kommunalwahl 2024. „Sibel Yüksel hat mit ihren sozialliberalen Positionen eine andere Personengruppe abgeholt, die in der FDP sonst nicht vertreten ist“, so Meergans. Gerade bei sozialpolitischen Themen sei Yüksel immer sehr herausgestochen. Jedoch sei es schon auffällig gewesen, dass es bei der FDP in den letzten Jahren eine immer größer werdende Differenz zwischen der Gemeinderatsfraktion und der Kreispartei gegeben habe. „Da könnte jetzt wieder eine größere Annäherung stattfinden“, so die SPD-Fraktionschefin.
Grünen-Fraktionschef glaubt an bewusste Entscheidung
Wertschätzung für ihre Arbeit bekommt Yüksel von mehreren Seiten des Gemeinderats. So auch von Grünen-Fraktionschef Andreas Winter. „Ich glaube, sie hat den Schritt bewusst getan und muss jetzt erst mal für sich schauen, wie sie weitermacht“, sagt Winter. Aber dass sie weitermachen will, sei schon dadurch klar, dass sie fraktionslos im Gemeinderat bleibt. Winter vermutet, dass letztlich die großen Reibungspunkte in der FDP-Fraktion zur Austrittsentscheidung geführt haben.
Überschneidungen mit dem Linksbündnis
Stadtrat Hannes Rockenbauch bedauert den drastischen Schritt Yüksels, hatte sich doch die FDP dank Yüksel bei einigen Themen sogar dem Linksbündnis angenähert. „Wir hatten auch einige Überschneidungen mit ihr, das hat mich auch manchmal überrascht, wie zum Beispiel beim Thema Waffenverbotszone“, so Rockenbauch. Die genauen Beweggründe kenne er zwar nicht, ist sich jedoch sicher, dass der Bruch wohlüberlegt ist. Er selbst sei froh, dass Yüksel und ihre Haltung im Gemeinderat bleibe, „für die FDP ist das aber natürlich schmerzhaft“.
VIDEO: Kommt die Messerverbotszone in Stuttgart? (2022)
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