Streitthema Flughafen-Tunnel: Droht rund um den Flughafen Stuttgart bald Stau?
Haben Radfahrer bald freie Fahrt im Flughafen-Tunnel Stuttgart? Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) lässt zur Zeit prüfen, ob der Flughafen-Tunnel für den Kfz-Verkehr teilweise oder komplett gesperrt werden kann. Droht damit eine erhöhte Staugefahr rund um den Airport? Kritik kommt vom FDP-Landtagsabgeordneten Friedrich Haag und der Rathaus-CDU. Auch beim Alternativvorschlag eines Zweittunnels herrscht Uneinigkeit zwischen den Parteien.
Tunnel für Radfahrer bisher kaum nutzbar
Der Flughafen-Tunnel, der Stuttgart-Plieningen mit Filderstadt-Bernhausen verbindet, steht prinzipiell allen Verkehrsteilnehmern offen. Allerdings sind die Wege für Fußgänger und Radfahrer mit 1,10 Meter sehr schmal und daher laut Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) für die dauerhafte Nutzung unzumutbar: „Die Geschlagenen sind seit vielen Jahren Fußgänger und Radfahrer“, äußert er sich gegenüber STUGGI.TV. Daher hatte er bereits vor einigen Wochen eine Teil- oder Voll-Sperrung für Pkw und Lkw ins Spiel gebracht.
Verkehrsministerium: Studien zeigen Radverkehr-Potenzial
Von der Sinnhaftigkeit bis zur Machbarkeit werden seit Monaten grundlegende Aspekte von verschiedenen politischen Lagern diskutiert. Die Grünen stützen sich bei ihren Aussagen auf die von der Stadt Esslingen veranlasste Machbarkeitsstudie „Radschnellweg Filder“ vom Januar 2023, welche ein Potenzial von 4.300-4.800 Radfahrern pro Tag sieht – allerdings auf der Nordseite von Degerloch aus bis zum Flughafen Stuttgart. Eine „Erhebung des aktuellen Radverkehrsaufkommens im Flughafentunnel“ halte man im Verkehrsministerium „nicht für zielführend“. Aufgrund der erschwerten Nutzung des Tunnels für Radfahrer sei das zu erzielende Potenzial nicht abzubilden. Das geht aus einem Antwortschreiben von Hermanns Amtschef Bernhard Frieß auf eine Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Friedrich Haag hervor.
FDP kritisiert „unsaubere Grundlage“
Für Haag kommt eine Tunnelsperrung nicht infrage. „Es drohen dadurch massive Verkehrsbelastungen für die umliegenden Kommunen. Wenn die Fahrzeuge weitere Wege auf sich nehmen müssen, bedeutet das sogar mehr Schadstoff- und CO2-Ausstoß“, sagt Haag gegenüber STUGGI.TV. Der Stuttgarter Abgeordnete kritisiert zudem, dass Hermann keine aktuellen, belastbaren Zahlen zum Radverkehrsvorkommen für den Tunnel vorlägen. Die Machbarkeitsstudien, auf die sich der Verkehrsminister beziehen, bildeten keinen klaren Bedarf ab: „Diese unsaubere Grundlage bestärkt uns nur in unserem Eindruck der Unprofessionalität“, sagt Haag. Selbst wenn man die grob 4.500 Radfahrer pro Tag als Grundlage nehme, sollte der Fokus auch auf den fast viermal so vielen Autofahrern liegen, die den Tunnel täglich durchquerten. „Wenn Gestaltungsanspruch bedeutet, den Autofahrern das Leben schwer zu machen, dann möchte ich lieber keinen Anspruch haben“, sagt Haag.
Grüne kontern: Potenzial entscheidender als aktuelle Zahlen
Winfried Hermann wiederum unterstreicht auf Nachfrage unseres Onlinesenders, dass erst mit einem verbesserten Angebot die Nachfrage wachse. Bei den bisherigen Untersuchungen gehe es nicht darum, Autofahrer auszuschließen, sondern eine „funktionierende Lösung für alle“ zu finden. „Die regelmäßige Nutzung des Flughafentunnels stellt für den Fuß- und Radverkehr derzeit keine Option dar und verursacht große Umwege auf alltäglichen Wegen. Hier könnte man deutliche Verbesserungen erreichen, sofern sich herausstellt, dass die Auswirkungen für die Autofahrerinnen und Autofahrer tragbar sind“, sagt Hermann. Verkehrliche Auswirkungen wie Staus, die bei einer Teilsperrung oder Sperrung drohen, werden laut Hermann derzeit untersucht.
Rathaus-CDU plädiert für Alternativvorschlag
Nach dem gelb-grünen Schlagabtausch äußert sich nun auch die CDU-Gemeinderatsfraktion Stuttgart. Und das im Sinne der FDP: „Wir befinden uns hier in einem immens wichtigen Wirtschaftsraum, der Flughafen-Tunnel führt zum Beispiel zum Luftfrachtzentrum und zum Gewerbegebiet Filderstadt-Bernhausen“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitze Carl-Christian Vetter. Allerdings will die CDU einen tatsächlichen Kompromiss schaffen und belebt den Vorschlag eines unterirdischen Zweittunnels für Fußgänger und Radfahrer wieder, der eigentlich schon vom Tisch war. Verkehrsminister Hermann hatte bereits eine klare Stellung zu dieser Idee bezogen: „Diese Lösung wäre mit geschätzten Kosten von mehr als 100 Millionen Euro sehr teuer und durch starke Steigungen und Gefälle für den Radverkehr auch nicht attraktiv. Deshalb wird ein separater Tunnel für den Fuß- und Radverkehr nicht weiterverfolgt“, so Hermann auf Nachfrage unseres Senders. Friedrich Haag schlägt, was die Idee eines Zweittunnels angeht, gemäßigtere Töne an. Er will zunächst das vom Verkehrsministerium beauftragte abschließende Gutachten abwarten.
VIDEO: Wie tickt der FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Haag persönlich? Hier eine Sendung aus dem Wahlkampf 2021.
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Fotografik: STUGGI.TV