Local Diversity: Neuer Verein will Migrationsanteil im Gemeinderat stärken
Fast jeder zweite Stuttgarter hat einen Migrationshintergrund. Im Gemeinderat sind jedoch nur 15 Prozent davon vertreten. Der Verein "Local Diversity" möchte dies ändern und für mehr Vielfalt in der Kommunalpolitik sorgen. Mehmet Ildes hat ihn ins Leben gerufen, um Menschen mit Migrationsgeschichte eine Stimme zu geben.
Den Querschnitt der Gesellschaft abbilden
Die Stuttgarter Stadtgesellschaft wird immer vielfältiger, denn ungefähr die Hälfte der Bewohner der Landeshauptstadt hat einen Migrationshintergrund. In der Kommunalpolitik hingegen zeichnet sich dieses Bild momentan nicht ab. Deshalb hat Mehmet Ildes, ehemaliger Jugendratsprecher, den Verein „Local Diversity“ 2023 ins Leben gerufen. Das Ziel ist es, dass bei der nächsten Kommunalwahl 2024 mehr Menschen mit Migrationsgeschichte in den Gemeinderat gewählt werden. Bei der Auftaktveranstaltung am Samstag waren neben Ildes drei weitere Politiker vertreten, denen das Thema aufgrund eigener Herkunft ebenfalls am Herzen liegt. Bundesminister Cem Özdemir, SPD-Stadrätin Jasmin Meergans und CDU-Stadtrat Ioannis Sakkaros waren vor Ort, um für das Thema Diversität in der Kommunalpolitik zu sensibilisieren. „Wir müssen den Querschnitt der Bevölkerung in der Politik abbilden. Dazu gehören Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch sozial benachteiligte Menschen“, sagt Özdemir.
Kommunalpolitik attraktiver machen
Ildes benennt zwei grundlegende Probleme, wenn es um den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in der Kommunalpolitik geht: Zum einen würden zu selten Themen im Gemeinderat besprochen werden, die diese Gruppe von Menschen betreffen. Dadurch könnten sie das Gefühl haben, sowieso nichts in der Politik bewirken zu können. Hierzu ergänzt Meergans: „Die Menschen müssen spüren, dass der eigene politische Einsatz zu Ergebnissen führt.“ Ein weiterer Punkt sei die Bildungsarbeit. Zu selten würde die Kommunalpolitik im Unterricht und vor allem an Haupt- und Realschulen thematisiert werden. „Die Kids müssen verstehen, dass Politik nicht nur in Berlin, sondern auch in Stuttgart stattfindet“, sagt Ildes. Man müsse den Nachwuchs motivieren und rechtzeitig über Beteiligungsmöglichkeiten informieren.
Motivation von außen
Ildes hat sich während seiner Schulzeit aufgrund schlechterer Noten oftmals benachteiligt und diskriminiert gefühlt. Ein Lehrer machte ihn jedoch auf sein Potenzial aufmerksam und brachte ihn dazu in den Jugendrat einzutreten, indem er anschließend sieben Jahre lang Mitglied war. „Ich hatte immer das Gefühl, dass ich nicht gehört werde. Dann habe ich aber gemerkt, dass auch Menschen wie ich in der Politik eine Stimme haben können“, betont er. Özdemir verzeichnet eine ähnliche Lebensgeschichte, denn auch er wurde durch seine damalige Lehrerin gefördert. „Wenn Eltern es nicht leisten können, ihre Kinder zu motivieren, ist die Gesellschaft dazu aufgefordert, diese Rolle zu übernehmen“, sagt der Bundesminister.
Innerparteilicher Auftrag
Auch in die eigenen Reihen sollte man laut Meergans einen Blick werfen, um strukturelle Hürden abzubauen, die momentan verhindern, dass mehr Menschen mit Migrationshintergrund im Gemeinderat vertreten sind. Hierbei solle man sich vor allem die Frage stellen, wie die Kultur der Partei gestaltet ist. „Es tut zwar weh, aber wir müssen prüfen, welche rassistischen Strukturen es vielleicht in den Parteien gibt“, sagt die Stadträtin. Nur so könne man die beste politische Lösung für das Problem finden.
VIDEO: Mit diesem Event kamen 2019 Schüler mit der Kommunalpolitik in Berührung
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Foto: STUGGI.TV