Neuer Klimamobilitätsplan für Stuttgart: Ein „Riesenschritt in Richtung Mobilität der Zukunft“?
Stuttgart ist eine von fünf Kommunen in Baden-Württemberg, die modellhaft einen Klimamobilitätsplan mit über 70 Maßnahmen erstellt hat, um die CO2-Emissionen im Verkehr zu reduzieren. Der Gemeinderat hat den Plan am 16. Mai beschlossen. Martin Körner, Leiter des Grundsatzreferats der Landeshauptstadt, bewertet dies als einen "Riesenschritt in Richtung Mobilität der Zukunft". Sehen das die Mitglieder des Gemeinderats genauso, oder haben sie sich vom Klimamobilitätsplan mehr erhofft?
Über 70 Maßnahmen gegen CO2-Emissionen
Der Klimamobilitätsplan umfasst mehr als 70 konkrete Maßnahmen, durch welche die CO2-Emissionen im Verkehr bis 2030 um mindestens 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010 reduziert werden sollen. Diese Maßnahmen wurden von verschiedenen Ämtern im Bereich Mobilität und Verkehr erarbeitet. Sie umfassen zum Beispiel die Umstellung der SSB-Busse auf alternative Antriebe oder zahlreiche Ausbaumaßnahmen im ÖPNV. Auch Maßnahmen im Auto- Rad- und Fußverkehr sollen die CO2-Emissionen reduzieren. Wenn die Maßnahmen des Klimamobilitätsplans erfolgreich sind, kann die Stadt bei einer späteren Finanzierung von Projekten im Bereich Verkehr einen sogenannten „Klimabonus“ in Form einer erhöhten Förderquote in Anspruch nehmen.
Verschärfungen für den Autoverkehr
Stuttgart hat sich das Ziel gesetzt, bis 2035 klimaneutral zu werden. Das Grundsatzreferat ist sich sicher, dass die Landeshauptstadt mit dem neuen Klimamobilitätsplan einen großen Schritt in diese Richtung macht. „Stuttgart zeigt, wie der Klimaschutz im Verkehr funktionieren kann, ohne zu viele Menschen vor den Kopf zu stoßen“, so der Leiter des Grundsatzreferats, Martin Körner. Die CDU Stuttgart um den Fraktionsvorsitzenden Alexander Kotz ist sich jedoch sicher, dass die BürgerInnen die Maßnahmen auf Dauer nicht mittragen werden, weil das Auto auf Dauer in der Stadt eine untergeordnete Rolle gegenüber dem Rad- und Fußverkehr spielen soll. „Der Autoverkehr macht aber in Stuttgart gerade einmal knapp über 15 Prozent der gesamten Emissionen aus, den überwältigenden Anteil am Ausstoß hält der Gebäudesektor“, so Kotz. Letztendlich hat die CDU sich bei der Abstimmung über den Klimamobilitätsplan enthalten, da sie andererseits den Ausbau von ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr unterstützenswert finden.
Klimaneutralitätsziel 2035
Aus Sicht der Grünen um Björn Peterhoff ist der Klimamobilitätsplan „eine gute Ergänzung zu den bereits beschlossenen Grundsatzpapieren zur Verkehrswende in Stuttgart“. Eine wichtige Ergänzung ist laut Peterhoff, dass die CO2-Reduktionszahlen im Verkehrsbereich mit Stuttgarts Klimazielen abgeglichen werden. Die FrAktion und allen voran ihr klimapolitischer Sprecher, Hannes Rockenbauch, ist sich jedoch sicher, dass das Klimaneutralitätsziel 2035 durch den Plan nicht erfüllt werden kann. Dafür braucht Stuttgart laut Rockenbauch eine Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor um 80 Prozent und nicht nur um 40 Prozent, wie im Klimamobilitätsplan vorgesehen. Insgesamt ist die FrAktion enttäuscht von dem Ergebnis des langen Prozesses. Auch laut den Grünen gibt es noch einige Kritikpunkte am Klimamobilitätsplan. Peterhoff kritisiert unter anderem, dass die Umsetzung vieler betroffener Projekte bis 2035 unrealistisch ist. Er plädiert für Maßnahmen, die schnell zeitnah realisiert werden können.
Konkrete Maßnahmen für Klimaneutralität im Verkehrsbereich
Auch die SPD und deren Sprecherin für Klima, Umwelt und Mobilität, Lucia Schanbacher, ist der Meinung, dass über Einzelmaßnahmen des Plans noch diskutiert werden muss. „Das Ganze ist ein Planwerk, nicht mehr und nicht weniger“. Allerdings steht für sie im Mittelpunkt, dass die Stadt zum ersten Mal einen Plan mit konkreten Maßnahmen für Klimaneutralität im Verkehrsbereich hat. Ähnliches wünscht sich Schanbacher auch in dieser Tiefe auch für die anderen Sektoren. Außerdem ist es für sie ein erstrebenswertes Ziel, dass die Stadt bei einer erfolgreichen Reduzierung von CO2-Emissionen mehr finanzielle Mittel für weitere Klimaschutzprojekte bekommt. „Der Klimamobilitätsplan ist ein Finanzierungsinstrument, für mehr Klimaschutz in der Stadt. Das sollten wir nicht zerreden und ins Klein-Klein gehen“, so Schanbacher.
Was bisher geschah
Bereits im April 2021 hat sich die Landeshauptstadt Stuttgart nach einem Beschluss des Gemeinderats für das Pilotprojekt beworben. Um eine Grundlage für den Klimamobilitätsplan zu schaffen, wurden zunächst die bereits vorhandenen Pläne der Stadt Stuttgart im Bereich Mobilität und Verkehr analysiert und bewertet. Darauf aufbauend konnte ein Zielszenario entwickelt und Maßnahmen zur Umsetzung erarbeitet werden. Auch die Stuttgarter konnten sich dahingehend über das „Forum Klimamobilitätsplan“ aktiv einbringen. Der Entwurf wurde dem Gemeinderat anschließend zum Beschluss vorgelegt.
VIDEO: Klimaaktivistin Clara Schweizer über Klimaschutz in der Landeshauptstadt
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Foto: STUGGI.TV