Aufstand in der Grünen Jugend – Radikale Abrechnung: „Die Partei wird sich nicht ändern!“
Die Grünen stehen unter Beschuss – von innen und außen. Auch die Grüne Jugend bleibt nicht verschont. Nach dem Rücktritt des Bundesvorstands der Jugendorganisation der Grünen folgen nun weitere Vertreter diesem Vorbild. Neben einem Plädoyer für radikale Veränderungen üben die Jungpolitiker harte Kritik an Partei und Funktionären.
„Es reicht.“
In einer Pressemitteilung kritisieren inzwischen ehemalige Mitglieder der Grünen und der Grünen Jugend die Entwicklung der Partei und deren neoliberale Tendenzen. Sie schildern ihre Enttäuschung über den Rechtsruck und die von ihnen wahrgenommene Unfähigkeit der damals noch eigenen Partei, soziale Gerechtigkeit und linke Ideale durchzusetzen. Besonders empört zeigt man sich über die Reaktion der Parteiführung auf den Rücktritt des Bundesvorstands der Grünen Jugend. Die Autoren um den ehemaligen Sprecher der Grünen Jugend Stuttgart, Jason Levin Barna betonen, dass wahre Veränderung innerhalb der Partei nicht mehr möglich sei und werfen den Grünen vor, ihre Ideale für Regierungsbeteiligung aufgegeben zu haben. „Wir wissen, dass uns viele Menschen folgen werden. Wir wissen aber auch, dass sich diese Partei nicht ändern wird – zumindest mittelfristig“, so die Verfasser.
Inhaltliche Kritik an der Partei und ihren Funktionären
Die Partei wird für gebrochene Versprechen, Fehltritte und politische Entscheidungen in verschiedenen Themenfeldern kritisiert. Sie folge zunehmend dem rechten Diskurs in der Sprache, besonders bei Abschiebungen und Asylpolitik. Die Reformen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und des Klimaschutzgesetzes werden als Rückschritte gewertet, die den eigenen Prinzipien widersprechen. Auch in den zentralen sozialen Fragen des Mindestlohns, des Bürgergeldes und der Kindergrundsicherung wird die Partei von den Verfassern als sozial ungerecht wahrgenommen. Die Gruppe rund um die Initiatoren Jason Levin Barna und Steve Amoo, ebenfalls Sprecher der Jugendorganisation in Bonn, und weitere Unterzeichner*innen werfen den Grünen vor, rechte Narrative zu bedienen und nicht entschieden genug gegen den Rechtsruck vorzugehen.
Kritik an der Haltung im Nahostkonflikt
Eine Pressemitteilung und ein dazugehöriger Social-Media-Post kritisieren sowohl die Grünen als auch die Grüne Jugend in Bezug auf den Nahostkonflikt und werfen ihnen vor, Israels Vorgehen bedingungslos zu unterstützen, ohne das Leid der Palästinenser*innen angemessen zu berücksichtigen. Es wird beanstandet, dass Kritik relativiert und palästinensisches Leid oft verharmlost werde. Auch wird ein latenter antimuslimischer Rassismus in den Debatten attestiert, der nicht moderiert werde. Besonders migrantische Stimmen würden sich laut den Verfassern innerhalb der Grünen Jugend nicht gehört fühlen, wenn sie Kritik an der israelischen Politik äußern oder weiße Dominanz hinterfragen.
Turbulente Wochen bei den Grünen
Bereits vor einigen Tagen hatten die beiden Parteivorsitzenden angekündigt, beim Parteitag im November nicht mehr kandidieren zu wollen. Kurz darauf trat der Bundesvorstand der Grünen Jugend geschlossen zurück. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, stehen der Regierungspartei Bündnis90/Die Grünen schwere Wochen und Monate und ein jetzt schon ungemütlicher Parteitag bevor. Ob sich die Abtrünnigen einer anderen oder sogar neuen Partei anschließen, ist noch offen. Aber Stand jetzt „gibt es keine konkreten Pläne, sich einer anderen oder neuen Partei anzuschließen“, so Barna gegenüber STUGGI.TV.
VIDEO: Ein Jahr vor der Bundestagswahl haben wir die Stuttgarterinnen und Stuttgarter dazu befragt
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