Eine mietfreie Studenten-WG im Herzen Stuttgarts: Das klingt im Hinblick auf den Wohnungsmarkt und die hohen Mieten in der Schwabenmetropole sehr verlockend. Doch einen Haken an der Sache gibt es: Die Bewohner werden zu Werbefiguren der Kräuterlikörmarke Jägermeister.
VON WIBKE KROLL
Würdet ihr in die neue Jägermeister-WG in Stuttgart einziehen?
42% unter euch finden die Aktion super und würden ohne Bedenken mitmachen und einziehen. 29% halten die ganze Kampagne für eine „Schnapsidee“, wohl nicht nur auf Grund des Kräuterlikörs. Die anderen 29% möchten nicht zum Werbeobjekt für Jägermeister werden und lehnen das verlockende Angebot grundsätzlich ab.
Was kann man sich unter der Aktion vorstellen?
Ein Glückskleeblatt oder 50 Euro auf der Straße zu finden, ist derzeit wahrscheinlicher als eine bezahlbare Wohnung in Stuttgart-Mitte zu ergattern. Passend zum Wohnungsmarkt-Problem und dem Start des Wintersemesters 2015/2016 startet ein Kräuterlikörhersteller aus Wolfenbüttel eine neue Werbekampagne. Die Firma stellt fünf Bewerbern für ein Jahr eine schicke Wohnung im Stuttgarter Szene-Viertel „Hans-im-Glück“ zur Verfügung. Mietfrei.
Die Wohnung soll in erster Linie als Wohnort dienen, die Bewohner können private Wohnzimmerkonzerte, Partys oder Lesungen veranstalten. Ziel der Kampagne ist es, die Marke im Herzen der Stadt zu etablieren und junge, kreative Talente zu fördern. Dafür plant Jägermeister verschiedene Events in der Corso Bar und im Transit, dabei sind alle feierwütigen Leute willkommen.
Mietfrei heißt nicht ohne Verpflichtungen
Im Gegenzug sollen die Bewerber besondere Fähigkeiten und kreative Ideen mitbringen, um die Wohngemeinschaft bzw. den „JägerCampus“ (WG, Corso Bar und Transit) zu bereichern. Gewünscht sind unterschiedliche Charaktere wie der „Platzhirsch“, die „Wildkatze“ oder der „Schlaue Fuchs“ um das Rudel zusammenzuführen.
Die Kritik an der Alkohol-WG
Das Konzept klingt zunächst nach „Gemeinschaft, Spaß, Feiern“ für umsonst. Doch die Jugendlichen verpflichten sich mit dem Einzug als Werbepartner für Jägermeister zu fungieren. Veronika Kienzle, ehrenamtliche Bezirksvorsteherin hält nichts von der „Verquickung der momentanen Wohnungsnot und der Vermarktung von hochprozentigem Alkohol“. Sie ist der Meinung, dass Studenten bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden muss, um sich auf das Studium konzentrieren zu können, aber auch mal um feiern zu gehen. Zudem nutze das Unternehmen die schwierige Situation auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt aus und die damit verbundene Verzweiflung der Studenten.
Gefahren sieht Kienzle insbesondere darin, dass die Bewohner unter „Handlungsdruck geraten“ und die Jugendlichen als „Imageaufwertung“ für das Unternehmen herhalten sollen. „Hochprozentiger Alkohol soll nicht als Mietzins gelten“, betont Kienzle.
Die Frage ist auch, was mit der WG passiert, wenn das eine Jahr vorbei ist. Alkohol in Maßen und ausgelassene WG-Partys gehören zum Studentenleben dazu, jedoch sollte jeder entscheiden können wann und wie er feiert, ohne dabei auf die Werbekampagnen von großen Unternehmen angewiesen zu sein.
Fotos: Jägermeister
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