Wie beinahe jede Branche muss sich auch der Berufszweig Tourismus neu erfinden: Die Digitalisierung treibt Portale wie „Airbnb“, „Booking.com“ und „Uber“ in den Markt und macht diesen den klassischen Reiseveranstaltern streitig. Warum sich der Berufseinstieg in die Tourismusbranche dennoch lohnt, erklären uns drei Experten.
VON KATRIN NÖBAUER
Nach dem Schulabschluss geht für viele Unentschlossene der Marathon los: Von der Jobmesse über die Berufsberatung bis hin zu diversen Praktika. Die Berufswahl kann hart sein. Kein Wunder also, dass viele Schulabgänger erst einmal ins Ausland verschwinden, bevor sie eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Reisen ist doch auch so schön, warum also nicht gleich in der Reisebranche arbeiten? Vielleicht sogar am Strand unter Palmen?
Wachstumsbranche mit Imageproblemen
Die Jobvielfalt in der Tourismusbranche ist groß: Neben den klassischen Einsatzbereichen wie Reisebüros, Hotellerie/Gastronomie oder Animation werden auch Fachkräfte in Bereichen benötigt, die man im ersten Moment nicht dem Tourismus zuschreiben würde, wie beispielsweise Marketing, Software-Entwicklung oder Personalmanagement. „Insgesamt arbeiten in Deutschland rund 2,9 Millionen Menschen in der Tourismusbranche“, sagt Martin Pundt, Geschäftsführer der Invatarru GmbH. Deren Bruttowertschöpfung sei genauso hoch, wie die der deutschen Automobilindustrie, nämlich „100 Milliarden Euro jährlich“. Pundt bezeichnet den Tourismus als Wachstumsbranche mit einem Imageproblem: Viele Leute würden an der Beständigkeit zweifeln, im Sinne von „Reisebüros gibt es doch eh bald nicht mehr“.
Digitalisierung macht auch vor Tourismus keinen Halt
„Die Digitalisierung verändert den Markt stark. Darin kann aber auch eine große Chance stecken“, sagt Michael Buller, Vorstand des Verbands Internet Reisevertrieb e.V.. Buller erklärt, dass sich Dinge heutzutage in nur fünf Jahren grundlegend verändern können und kein halbes Menschenleben mehr dafür brauchen. „Einfache Serviceaufgaben, wie die Beantwortung von Kundenanfragen, könnten in Zukunft von Künstlicher Intelligenz übernommen werden“, sagt Buller. Das werde natürlich Arbeitsplätze kosten und „die Politik müsse deshalb ein geeignetes Umfeld und ein stabiles Wertesystem schaffen“. Gleichzeitig sieht er in der ständigen Veränderung aber auch eine spannende Herausforderung: Berufstätige können sich nicht auf ihrer Ausbildung ausruhen. Man muss Veränderungen erkennen und sich schnell daran anpassen, sein Wissen ständig erweitern und eine hohe Flexibilität an den Tag legen. Bullers Motto: „Eine Welt, in der sich nichts verändern würde, wäre langweilig!“
Erfolg in Tourismusbranche durch gutes Selbstmarketing
Neben der Flexibilität bedarf es auch einer guten Selbstmarketing-Strategie, um sowohl im Vorstellungsgespräch als auch im eigentlichen Arbeitsleben überzeugen zu können. Kommunikations-Trainerin Angelika Wiesen erklärt die vier Schritte zum erfolgreichen Selbstmarketing folgendermaßen:
1.) Ist-Analyse / SWOT-Analyse
Was sind eure Stärken und Schwächen? Welche Möglichkeiten habt ihr und wo könnten Probleme auftreten? Macht euch bewusst, wo ihr gerade steht und was ihr noch verbessern könnt.
2.) Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten
Was kann ich, was andere nicht können? Wodurch mache ich mich für meinen Arbeitgeber unersetzbar? Dieses Merkmal solltet ihr im Vorstellungsgespräch unbedingt verdeutlichen.
3.) Persönliche Ziele formulieren
Überlegt euch, was ihr persönlich erreichen wollt und welche Schritte dazu notwendig sind. Ihr wollt ein eigenes Reisebüro eröffnen? Dann wäre nach der klassischen Ausbildung zum Reisekaufmann vielleicht ein Wirtschaftsstudium nicht schlecht.
4.) Notwendige Schritte einleiten
Was fehlt euch noch, um euer Ziel zu erreichen? In eurem Traumberuf müsst ihr vor großen Gruppen sprechen und allein der Gedanke daran bereitet euch Albträume? Durch Coaching oder Weiterbildungskurse könnt ihr Schwächen und Defizite ausgleichen.
Je näher am Kunden, desto weniger Geld
Natürlich führt eine gute Selbstmarketing-Strategie nicht alleine zum Erfolg in der Reiseindustrie.“ Ein höherer Schulabschluss und ein Studium sind ratsam“, sagt Angelika Wiesen. Außerdem sei Empathie sehr wichtig: „Wir ärgern uns viel zu oft über andere, anstatt uns in sie hineinzuversetzen“, so die Kommunikations-Expertin, die ihre Karriere in einem Reisebüro begonnen hat.
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