Kultusministerin Schopper schließt verkürzte Sommerferien aus
In der sechsten Sitzung des Bürgerforum Corona haben sich zufällig ausgewählte Bürger am Donnerstag über die Auswirkungen der Pandemie auf Kinder, Jugendliche und das Bildungssystem ausgetauscht. Auch die neue Kultusministerin von Baden-Württemberg, Theresa Schopper, äußerte sich gegenüber den Beteiligten und schloss verkürzte Sommerferien aus.
„Die Kinder, die vor der Pandemie durch das Raster gefallen sind, fallen auch jetzt durchs Raster“
Bereits zum sechsten Mal hat sich am Donnerstag das Bürgerforum Corona getroffen. Mit den Auswirkungen der Pandemie auf Kinder, Jugendliche und das Bildungssystem greift das Forum dabei ein wichtiges Thema auf. „Die Kinder, die vor der Pandemie durch das Raster gefallen sind, fallen auch jetzt durchs Raster“, äußert sich Dr. Dieter Dohmen vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie Berlin während seines Expertenvortrags besorgt. Besonders Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien seien demnach durch die Pandemie benachteiligt. „Zwei Drittel der Kinder in armen Familien haben zu wenige Zimmer in der Wohnung. Ein Viertel keinen PC mit Internetanschluss“, so Dohmen. Das Online-Lernen sei daher für viele problematisch. Auch die Schüler, die vor dem Berufsübergang stehen, würden ihm besonders Sorgen bereiten. Um Kinder und Jugendliche so gut wie möglich aus der Pandemie zu bekommen, müssten daher nun drei wichtige Schritte ergriffen werden. „Kinder und Jugendliche müssen in den Fokus“, fordert Dohmen. Außerdem müsse man Ausbildungsoptionen für Jugendliche schaffen. Zuletzt fordert er eine umfassende Strategie für alle Kinder und Jugendliche. „Meine Hoffnung ist, dass Corona zum Startschuss für eine wirkliche Reform des Bildungswesens wird“, erklärt der Experte.
Kultusministerin Schopper schließt Kürzung der Sommerferien aus
Auch Baden-Württembergs neue Kultusministerin, Theresa Schopper, äußerte sich gleich zum Beginn ihrer Amtszeit gegenüber den Beteiligten des Forums. „Aufgrund der fallenden Inzidenzwerte kommen wir in eine Situation, dass Schüler wieder in den Präsenzunterricht kommen können“, so Schopper. Das sei auch mehr als wichtig. Noch viel wichtiger als der Präsenzunterricht sei für die Schüler ein normaler Schulalltag im Klassenzimmer, wo sie auch Mitschüler treffen können. Die Sommerferien aufgrund des möglichen Lernrückstands zu kürzen komme für die Landesregierung jedoch nicht in Frage. „Wir haben uns dazu entschieden, die Sommerferien nicht zu kürzen“, so Schopper. Corona habe für eine extrem hohe Belastung bei Schülern, Lehrern und auch Eltern gesorgt. Die Sommerferien auch in der Länge bestehen zu lassen, sei daher wichtig. „Es gibt Lernrückstände, aber das ist natürlich auch sehr unterschiedlich“, so Schopper. Manche Schulen seien beispielsweise digital besser ausgestattet als andere. Um Leistungsrückstände ausgleichen zu können, wolle man daher in den Sommerferien freiwillige Angebote in Form von Sommerschulen oder Lernbrücken anbieten, um die unterschiedlichen Situationen auszutarieren. Auch zwei Schülerinnen kamen in der „Expertenrunde“ des Bürgerforums zu Wort. Diese sprachen dabei vor allem den mangelnden Ausgleich zwischen Schule und Freizeit an. „Es gibt einfach Momente, bei denen man weiß, die sind verloren“, erklärt eine Schülerin im Hinblick auf Absagen von Studienfahrten und Abiball. Das sei sehr schade. Außerdem gefalle es ihnen nicht, wenn ihre Jahrgänge als verlorene Generation deklariert würden. Sie müssten aktuell extrem viel leisten. Die Situation zeige daher auch, wie leistungsfähig ihre Generation sei.
Diese Empfehlungen gibt das Bürgerforum an die Politik weiter
Am Ende der etwa dreistündigen Sitzung, diskutierten die Teilnehmer des Bürgerforums dann die aus ihrer Sicht wichtigsten nächsten Schritte. Mit Abstand die meisten Stimmen konnte dabei die Forderung nach Lockerungen für die Begegnung im Freien sammeln. Die Beteiligten fordern, dass Jugendliche wieder ohne Einschränkung im Freien Freunde treffen dürfen und auch Sport oder Sommercamps möglich sein sollen. Auch die Rückkehr von allen Kindern und Jugendlichen in den Präsenzunterricht ist für die Teilnehmer des Bürgerforums eine Priorität. Auf dem dritten Platz der Handlungsempfehlungen landet die Forderung, die Bürokratie bei der Testpflicht für Kinder und Jugendliche abzubauen. So wollen die Beteiligten, dass Tests, die in der Schule gemacht werden, auch für Freizeitaktivitäten gelten. Zusätzliche Tests für Kinder und Jugendliche seien im Alltag der Familien nur schwer umzusetzen. Etwas überraschend landete das Thema, verpassten Unterrichtsstoff nachholen, in der Priorität hinter insgesamt sieben Themenkomplexen auf dem letzten Platz. Der erarbeitete Maßnahmenkatalog und die Empfehlungen des Bürgerforum Corona werden nun an die Landesregierung weitergegeben. Die Vorschläge dienen der Politik als Anregungen, ein verpflichtender Handlungsauftrag entsteht allerdings nicht.
VIDEO: Rückblick – Schulleiter erklärt wie Corona den Alltag der Schule verändert hat
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Foto: STUGGI.TV