Projekt #0711Wohnzimmer: Wie sicher fühlen sich Jugendliche in Stuttgart?
Abends alleine in Stuttgart unterwegs: Für viele junge Menschen eine Horrorvorstellung. Das Projekt #0711Wohnzimmer setzt genau da an. In einem Pop-up-Wohnzimmer auf dem Kleinen Schlossplatz konnten Jugendliche über ihre Ängste reden und Wünsche für mehr Sicherheit in der Stadt äußern.
Die Stimmung in der Stadt kann schnell umschlagen
„Wehe, jemand sagt was, dann schlägt die Stimmung ganz schnell um“, sagt Anas im #0711Wohnzimmer. Der 27-Jährige hat schon viele Erfahrungen mit aggressiven Jugendlichen in Stuttgart gemacht. Seiner Erfahrung nach sei die Stimmung in vielen Gruppen, die in der Innenstadt abhängen, eigentlich gut. Das schlage aber um, wenn jemand beispielsweise etwas gegen die Musik sagt. „Ich überlege mir inzwischen wirklich, ob ich abends noch in die Stadt gehen will“, so Anas. Platzsperren und Verbote seien jedoch das falsche Signal. Man müsse stattdessen Aktionen und Beschäftigungen bieten.
„Stress lässt man halt in der Stadt raus“
Auch die 20-jährige Isabell fühlt sich unwohl in der Stadt: „Ich habe leider auch schon öfters erlebt, dass ich mit meinen Freundinnen dumm angemacht wurde“. Ein „Nein“ werde oftmals nicht akzeptiert. Sie erzählt auch von einem heftigen Erlebnis, als sie beobachtet hat, wie eine Frau belästigt wurde und um Hilfe geschrien hat. „Und es hat keiner was gemacht“, so die 20-Jährige. Doch warum herrscht in Stuttgart diese aggressive Stimmung? Es sei wohl eine Perspektivlosigkeit bei einigen jungen Leuten. „Wenn man Stress zu Hause hat, lässt man es halt in der Stadt raus“, meint Isabell.
Pop-up-Wohnzimmer in der Innenstadt
Es ist eigentlich ungemein gemütlich: Auf dem Sofa kann man wunderbar chillen. Im Rahmen von „Mein Schlossplatz“ werden an einigen Terminen Pop-up-Wohnzimmer an verschiedenen Stellen in Stuttgart aufgestellt. Am heutigen Freitagabend war der Kleine Schlossplatz dran. Ziel des Studentenprojekts ist es, einen sicheren Ort zu schaffen, an dem sich Jugendliche wohlfühlen und ins Gespräch kommen. In der gemütlichen Atmosphäre geht es dann aber darum, wie sich junge Menschen sicherer in Stuttgart fühlen können. Das #0711Wohnzimmer ist ein Gemeinschaftsprojekt von Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft, Team Tomorrow, der Mobilen Jugendarbeit und der Bürgerstiftung Stuttgart.
„Innenstadt ist unser aller Wohnzimmer“
Von politischer Seite werde zwar verstärkt auf Sicherheit geguckt, aber der Ansatz sei oftmals, zu verbieten, anstatt in den Dialog mit den Jugendlichen zu gehen. „Da bekommt die Perspektive der betroffenen Jugendlichen zu wenig Gewicht“, sagt Philipp Morath, bei der Bürgerstiftung Stuttgart im Bereich Bürgerbeteiligung und Demokratieförderung tätig. Mit dem #0711Wohnzimmer soll Jugendlichen die Chance gegeben werden, sich ungezwungen zu treffen. „Die Innenstadt ist unser aller Wohnzimmer“, findet Morath. Das Einbeziehen und der Dialog mit den Jugendlichen sei extrem wichtig bei der Gestaltung der Stadt.
VIDEO: Erst kürzlich hat OB Frank Nopper seinen Plan vorgestellt, wie er Stuttgart wieder sicherer machen will
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Foto: STUGGI.TV