Mit dem 9-Euro-Ticket an den Bodensee: Lohnt sich der Trip?
Die Sommerferien laufen und noch in diesem Monat können Bahnfahrende mit dem 9-Euro-Ticket deutschlandweit mit dem Zug verreisen. Viele Ausflugsziele liegen deshalb etwas weiter weg. Doch wie ist so ein Kurztrip mit der Deutschen Bahn? Unser Reporter hat den Test gemacht und ist mit dem Regionalzug zum Bodensee gefahren. Wie die Zugfahrt verlaufen ist und ob sich die Reise lohnt, lest ihr in diesem Artikel.
Chaos am Hauptbahnhof
Die Fahrt zum Bodensee beginnt am Stuttgarter Hauptbahnhof. Dort angekommen, muss man zunächst die Züge erreichen. Durch den Umbau des Bonatzbaus muss man den Weg außen herum nehmen. Dafür sollte man direkt 10 Minuten einplanen. Aus den Fenstern kann man auf die große Baustelle blicken, doch viel Zeit bleibt dafür nicht. An den Gleisen angekommen bietet sich mir die nächste Überraschung. Total überfüllte Bahnsteige und die Frage, von welchem Gleis mein Zug abfährt. Die digitale Anzeigetafel zeigt auch nur an: “Bitte beachten Sie den Aushangfahrplan”. Super, also weiß ich gar nichts mehr. Zum Glück kommen mir zwei Bahn-Mitarbeitende in einem Golfcart entgegen, die so freundlich sind und mir das richtige Gleis nennen. So schaffe ich in letzter Minute den Sprung in meinen Regionalzug, den RE5 zum Bodensee.
Ein vollgequetschter Zug
Der Zug fährt pünktlich (!) um 11 Uhr am Stuttgarter Hauptbahnhof ab. Im Zug selbst stelle ich direkt fest: Es ist ziemlich voll. Einige wenige Plätze gibt es aber noch. Ich spreche eine junge Frau an, die auf dem Sitz neben sich ihre Handtasche stehen hat. Etwas widerwillig nimmt sie die Tasche von dem Platz und stellt sie unter ihren Sitz auf den Boden. So sitze ich da, mit rund 20 anderen an der Wand des Wagons, wie Hühner auf einer Stange. Die Bewegungsfreiheit rechts und links ist nicht wirklich groß, reicht aber gerade so aus. Neben Unterhaltungen und ein bisschen Kindergeschrei läuft aber zumindest die Klimaanlage im Zug. Bei den heißen Temperaturen und Maskenpflicht ein wichtiger Faktor.
Idyllische Landschaft mit unbequemen Sitzen
Die Bahnfahrt selbst ist angenehmer, als ich ursprünglich dachte. Allerdings lässt der Sitzkomfort auf den Sitzen etwas zu wünschen übrig. Zum einen ist die Lehne recht niedrig und drückt einem in den Rücken. Aber auch die Polsterung der Plätze ist dürftig. Dafür gibt es zumindest WLAN. Zumindest, wenn man es schafft, sich einzuloggen. Die Verbindung ist außerdem so schwach, dass das Surfen im Netz nur sehr langsam geht. In Ulm legen wir einen kurzen, 15-minütigen Stopp ein. Die meisten der Mitfahrer steigen aus und der Zug leert sich. Da der Regionalzug im Gegensatz zum ICE deutlich langsamer fährt, bekommt man auch etwas von der Landschaft mit. Die Strecke zum Bodensee führt durch Wälder, vorbei an Feldern und kleinen Ortschaften. Mit zwei Minuten Verspätung steige ich in Friedrichshafen aus.
Der Bodensee enttäuscht nie
Als ich aus der Tür trete, prallt mir die strahlende Sonne entgegen. Der Himmel ist wolkenlos und es herrschen hohe Temperaturen. Nach einem kurzen, 5-minütigen Fußmarsch bin ich am Bodensee angekommen. Der See selbst war strahlend klar und auf den Liegewiesen reihten sich im Schatten der Bäume die Handtücher aneinander. Wobei ich sagen muss, dass das Wasser selbst, trotz der heißen Temperaturen sehr kühl war. Trotzdem wird der Bodensee nicht umsonst auch Schwäbisches Meer genannt und er steht an so heißen Tagen den Stränden am Mittelmeer in nichts nach. Auf den Radwegen radeln Radfahrer am See entlang, gerade weil die Landschaft sehr eben ist. Viel zu früh mache ich mich wieder auf den Weg zurück zum Bahnhof, wo mein Zug nach Stuttgart wieder abfahren soll. Dort verteilt die Deutsche Bahn an die Reisenden kostenlos ein Erfrischungsgetränk. Zum Glück war an jedem Gleis auf Tafeln angeschrieben, welcher Zug dort abfährt.
Eine Rückfahrt zwischen Fahrrädern
Der Zug fährt in den Bahnhof ein und schon formieren sich Menschentrauben um die Türen. Zu diesem Zeitpunkt denke ich schon, dass es wieder ein Kampf um die Sitzplätze wird, doch erstaunlich gut habe ich mir wieder einen der Sitzplätzen sichern können. Ich weiß nicht, ob ich im Fahrradabteil gelandet bin, doch auffällig viele Passagiere schieben ihr Fahrrad mit in den Wagen. Sie versuchen irgendwie die Räder so gegen die Sitze zu lehnen und zu verkeilen, dass sie nicht mehr umfallen können. Das klappt nicht bei allen. Dafür ist bei diesem Regionalzug das WLAN deutlich besser und die Signalstärke reicht sogar aus, um relativ schnell durchs Netz zu surfen. Allerdings funktioniert bei diesem Zug auch nicht alles: Die Anzeigetafel, auf der die nächsten Haltestellen angezeigt werden, ist kaputt. Man muss sich also anderweitig orientieren. Kurz vor dem Hauptbahnhof kommt der Zug dann plötzlich zum Stehen. Wie sich im Nachhinein herausstellt, haben sich Personen ins Gleisbett verirrt. Nach gut zweieinhalb Stunden Fahrt fährt der Regionalexpress mit einer Verspätung von 15 Minuten in den Stuttgarter Hauptbahnhof ein.
Lohnt sich die Fahrt zum Bodensee?
Ein Ausflug ans Schwäbische Meer lohnt sich eigentlich immer. Egal ob man baden gehen oder Fahrradfahren möchte, der Bodensee bietet verschiedene Möglichkeiten. Die Reise mit dem Regionalzug lohnt sich nicht für jeden. Für junge Menschen, die spontan sind und nicht unbedingt alles planmäßig laufen muss, ist es sicher attraktiv, vor allem da durch das 9-Euro-Ticket die Fahrt so gut wie nichts kostet. Wenn man mehr Gepäck, Fahrräder oder einen Kinderwagen dabei hat, könnte es hier schon etwas kniffliger werden, denn der Platz ist begrenzt. Dafür kann man vom Hauptbahnhof mit dem Regionalexpress ohne Umsteigen einfach durchfahren. Dass das WLAN tadellos funktioniert, ist nicht garantiert. Außerdem sollte man sich darauf einstellen, mit anderen Mitreisenden in Kontakt zu kommen, egal ob man will oder nicht. Sei es durch die Menge an Personen oder die lautstarken Gespräche und Probleme der Personen, die man aus Unterhaltungen mitbekommt.
Fotos: STUGGI.TV