Sollen Privatjets am Flughafen Stuttgart sofort verboten werden?
Geht es nach dem Linksbündnis im Gemeinderat, soll der Betrieb von Privatjets am Flughafen Stuttgart verboten werden. In einem Antrag fordert "Die Fraktion", dass ein Start- und Landeverbot für Privatjets ab sofort umgesetzt werden soll. "Flugzeuge gehören zu den mit Abstand klimaschädlichsten Verkehrsmitteln", sagt Fraktionschef Hannes Rockenbauch. Die CDU im Gemeinderat hält dagegen. Die Forderung sei plakativ und überzogen.
„Klima-Schweinerei“
Das Linksbündnis „Die Fraktion“ fordert in einem Antrag ein umgehendes Start- und Landeverbot für Privatjets am Stuttgarter Flughafen. Ein Grund dafür sei der überdurchschnittlich hohe Ausstoß von Emissionen bei den Privatjets. Dabei stünden reguläre Verkehrsflugzeuge innerhalb des Klima-Schlachtfelds noch besser da als Privatjets, heißt es vom linken Bündnis im Stuttgarter Gemeinderat. Pro Passagier würden Privatjets zwischen fünf- und 14-mal mehr Verschmutzung als kommerzielle Flugzeuge verursachen. „In der Luftfahrt gibt es keine größeren Verschmutzter als Privatjets – diese Klima-Schweinerei können wir uns nicht länger leisten“, betont „Die Fraktion“ in ihrem Antrag.
Fraktionschef Rockenbauch: CO2-Ausstoß durch Privatjets „unverantwortlich“
Der Fraktionschef Hannes Rockenbauch ist sich sicher: „Es gibt Verhaltensformen von Geschäftsleuten und privilegierten reichen Menschen, die in einer unverantwortlichen Weise CO2 in die Atmosphäre pusten.“ Das will das Linksbündnis nun thematisieren und problematisieren. „Es liegt in unserem Verantwortungsbereich das konsequent zu tun, was nötig ist, um die CO2-Ziele einzuhalten“, sagt Hannes Rockenbauch. Laut dem Fraktionschef müsse jeder seinen Beitrag dazu leisten. Besonders aber die Menschen, die durch ihr Verhalten einen besonders großen CO2-Ausstoß verursachen. Das seien vor allem die Leute, die privat oder geschäftlich mit Privatjets reisen.
Klimagerechtigkeit in Stuttgart durchsetzen
Mit dem Antrag möchte „Die Fraktion“ eine öffentliche Debatte anstoßen. Deswegen hofft Rockenbauch auf die Unterstützung und den Mut der anderen Kollegen. „Diese umweltzerstörerische Art sich fortzubewegen ist einfach falsch“, betont Rockenbauch. Um die CO2-Ziele zu erreichen, müsse man mit den Leuten anfangen, die mit den Privatjets besonders viele Emissionen ausstoßen. „Sonst bekommen wir ein Gerechtigkeitsproblem, wenn es auf die Leute abgewälzt wird, die einen viel geringeren ökologischen Rucksack haben als diese Vielflieger“, sagt der Fraktionschef. Das Linksbündnis möchte erreichen, das es diese Weise sich fortzubewegen nicht mehr in Stuttgart gibt. „Wir wollen ein Stück mehr Klimagerechtigkeit in Stuttgart durchsetzen“, heißt es von Rockenbauch.
Privatjets werden immer beliebter
Die Nutzung von Privatjets entwickelt sich deutschlandweit jedoch nicht nach untern, sondern der Trend nimmt zu. Die Zahl der Business-Flüge in Kleinflugzeugen ist zwischen den Jahren 2021 und 2022 um 8000 auf 94000 Starts gestiegen. Das Linksbündnis argumentiert: „Unter Klima-Gesichtspunkten noch katastrophaler ist, dass fast drei Viertel der in Deutschland gestarteten Flüge mit Privatjets kürzer als 500 Kilometer waren.“ Davon würden 60 Prozent der Kurzstrecken sogar unter 300 Kilometern liegen.
CDU-Stadtrat Vetter: „Linksbündnis setzt an falscher Stelle an“
Der CDU-Stadtrat Carl‐Christian Vetter hält dagegen: „Das Linksbündnis setzt an der falschen Stelle an.“ Die Antwort seien keine Verbote, sondern technische Lösungen. Vetter, der im Aufsichtsrat des Flughafen Stuttgart sitzt, verweist auf die Bemühungen, die Luftfahrt immer emissionsärmer zu betreiben. Der Flughafen Stuttgart forscht derzeit in seinem neuen „Hydrogen Aviation Center“ an der Entwicklung von Wasserstoffflugzeugen. Das grün geführte Verkehrsministerium unterstützt das Vorhaben mit Fördermitteln in Höhe von 5,5 Millionen Euro. Aus der Sicht von Vetter können die kleinen Flugzeuge mit der neuen Antriebsart zukünftig eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern zurücklegen.
Verbot ist „plakativ und überzogen“
„Gerade die kleinen Privatjets mit bis zu zehn Personen sind die ersten, die zukünftig mit Wasserstoff fliegen können“, sagt Vetter. Von daher sei das angestrebte Verbot von „Die Fraktion“ plakativ und überzogen. Carl‐Christian Vetter verweist auch auf die Krankheitstransporte, medizinische Versorgungen und Flugschulen, die von einem Komplett-Verbot für Privatjets betroffen wären. Der CDU-Stadtrat befürchtet zudem, dass die Anbieter und Privatjet-Besitzer auf andere Flugplätze ausweichen würden. „Das würde dem Klima auch nicht helfen, wenn sie in Karlsruhe oder in Memmingen landen würden.“
Flughafen Amsterdam setzt Flugverbot für Privatjets ab 2025 um
Die Linksfraktion verweist in ihrem Antrag auf ein Vorbild-Projekt aus den Niederlanden. Der Flughafen Amsterdam Schiphol möchte ab 2025 ein Verbot für Privatjets verhängen. Der Airport gilt als internationales Drehkreuz und hat wesentlich mehr Flugverbindungen als Stuttgart. Daran sollte sich der Landesflughafen aus Sicht von Fraktionschef Hannes Rockenbauch orientieren. „Wenn sich so ein großer Flughafen das Verbot von Privatjets leisten kann, dann müsste es uns mit einem kleineren Fahrgastaufkommen leichter fallen“, betont Rockenbauch. Stadtrat Vetter hält den Vergleich für falsch. Man könne Stuttgart nicht mit dem drittgrößten Flughafen Europas vergleichen. „Wenn die Verbindungen der Privatjets in Amsterdam wegfallen, gibt es mehr Start-Slots für die kommerziellen Linien“, sagt Vetter.
VIDEO: Umfrage – „Sollte der Flughafen Stuttgart bis 2035 geschlossen werden?“
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