Stuttgart will Klebeaktionen der „Letzten Generation“ verbieten
Stuttgart ergreift rechtliche Mittel, um dauerhafte Straßenblockaden bei Klimaprotestaktionen zu verhindern, wie die Stadt in einer Pressemitteilung bekannt gab. Angedrohte Strafen und ein entschlossenes Eingreifen der Polizei sollen die Aktionen bis Jahresende unterbinden. Die Grünen sehen dieses Vorgehen kritisch.
Unerwünschter Protest
Immer wieder legen die Aktionen der „Letzten Generation“ bundesweit den Verkehr in den Großstädten lahm. Lange Staus und die Wut der Autofahrer sind die Folge. Auch in Stuttgart kam es in den vergangenen Wochen und Monaten zu solchen Aktionen, zuletzt am vergangenen Samstag (siehe Fotogalerie oben). Nun möchte man diese Form des Protests in Stuttgart verhindern, indem eine Verfügung seitens der Stadt das Festkleben auf bestimmten von der Stadt benannten Straßen untersagt. Diese Maßnahme tritt ab 8. Juli in Kraft und gilt vorerst bis Jahresende. „Wir können und dürfen nicht zulassen, dass unsere Straßen unangemeldet nach dem Gutdünken Einzelner blockiert werden – völlig unabhängig davon, dass Klimaschutz ein wichtiges Anliegen ist,“ wird Oberbürgermeister Frank Nopper in einer Pressemitteilung zitiert.
Stadt will durchgreifen, um Aktionen schneller zu beenden
Ob dieses Verbot sein Ziel erreicht ist fraglich, da die Aktivistinnen und Aktivisten der „Letzten Generation“ bei ihrem Protest mögliche Strafen einkalkulieren. Das spezielle Verbot solcher Klebeaktionen und vergleichbarer Vorgehensweisen ermöglicht es der Polizei jedoch, schneller einzugreifen und die Straßenblockaden zügiger auch unter Einsatz von unmittelbarem Zwang aufzulösen. Ohne dieses Verbot stehen die Aktionen der letzten Generation unter dem Schutz des Versammlungsrechts. Eine entsprechende Versammlung muss zunächst aufgelöst werden, bevor die Polizei Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der Straße entfernen darf. Durch das Verbot darf die Polizei die dafür notwendigen Maßnahmen wie das Ablösen von festgeklebten Personen sofort ergreifen.
Gefährdung durch Klebeaktionen?
„Klimakleber gefährden sich und andere, sie gefährden sogar Rettungseinsätze“, so Oberbürgermeister Frank Nopper. Ein Argument, das im Zusammenhang mit den Protesten der letzten Generation häufiger genannt wird. Ordnungsbürgermeister Clemens Maier äußert sich ähnlich: „Straßenblockaden, durch die es wegen des Rückstaus kein Durchkommen für Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr und andere Einsatzfahrzeuge gibt, sind nicht zu verantworten.“ Alle anderen Formen des bürgerlichen Protests wie Kundgebungen und Demonstrationszüge nach dem Versammlungsrecht bleiben von dieser Verfügung unangetastet.
Unnötige Verschärfung
Während die CDU sich freut, dass die von ihr beantragte Allgemeinverfügung gegen Klimaklebeaktionen in Stuttgart jetzt von der Verwaltung umgesetzt wurde, sehen die Grüne darin eine unnötige Verschärfung der Debatte. „Wir halten diese überstürzt angeordnete Maßnahme für völlig überzogen und unverhältnismäßig“, so die Fraktionsvorsitzende Petra Rühle. Zudem verweist der scheidende Fraktionsvorsitzende Winter in der Pressemitteilung der Grünen darauf, „dass diese Art des Protests bereits sanktioniert ist.“ Unterstützung für das angestrebte Verbot kommt vom Stuttgarter FDP-Landtagsabgeordneten Friedrich Haag. „Stuttgart geht mit Straßenblockaden-Verbot mit der richtigen Härte gegen Klimakleber vor“. Er wünsche das gleiche Vorgehen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Luigi Pantisano: „Methode hat etwas von autoritären Staat“
Noch deutlicher wird Stadtrat Luigi Pantisano vom Linksbündnis im Gemeinderat: „Der Oberbürgermeister will jetzt ihm nicht genehme Meinungsäußerungen einfach per Allgemeinverfügung unterbinden. Diese Methoden haben eher etwas von einem autoritären Staat als von einer Demokratie.“ Genau wie die Grünen kritisiert „Die Fraktion“ auch das Verfahren und den Umgang des Oberbürgermeisters mit dem Gemeinderat. „Es ist eine Frechheit, dass der OB weder im Ältestenrat noch im Gemeinderat ankündigt, dass eine so weitreichende Allgemeinverfügung erlassen wird. Sechs Minuten vor Beginn der Gemeinderatssitzung lässt der OB diesen ungeheuerlichen Verwaltungsakt veröffentlichen“, kritisiert Fraktionssprecher Hannes Rockenbauch.
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Fotos: Andreas Rosar