Ich weiß noch, wie alles begann. Freunde und ich waren am Abend im Kino unserer Hochschule. Erstsemester, die alles kennenlernen wollen und deshalb überall dabei sind. Welcher Film lief weiß ich nicht mehr. Aber das war auch absolute Nebensache. Wichtig war, dass wir zusammen da waren. Und wichtig war, was dann kam…
Erstes Date: Kino
Als Student in einem Kino – da darf natürlich das Bier nicht fehlen. Ich bestelle mir also ein Bier. In dem Moment konnte ich ja nicht wissen, dass dieses Gemisch aus Wasser, Malz und Hopfen mein Leben verändern wird. Ich kannte kein Stuttgarter Bier, war dem Bier meiner Heimatstadt oder anderen norddeutschen Bieren eng verbunden und dann das.
Ich sitze im weinroten Sessel des Kinos und begutachte das noch völlig unbekannte Bier, welches mir in die Hände gedrückt wurde. Eine dunkelbraune Flasche, die sich sanft an meine Handform anschmiegt. Das rot-weiße Etikett, was mich irgendwie ans Krankenhaus erinnert. Dann ist dieses Bier wohl meine Medizin.
Die Namensfrage
Mein Blick fällt auf den Namen des Bieres. Wulle. „Wulle! Wie kann ein Bier Wulle heißen?“ frage ich. Denn diesen Namen hatte ich erstens noch nie gehört und fand ihn zweitens total abstrakt für so ein Bier. Meinem Sitznachbar allerdings war dieser Name bereits bekannt: „Mein Wellensittich hieß Wulle!“ Damit war der Lachflash perfekt und dieses Bier schon vor dem ersten Schluck für immer in meinen Verstand eingebrannt.
Es war keine Liebe auf den ersten Schluck. Und wer weiß, wäre der Wellensittich meines Sitznachbarn nicht gewesen, hätte ich das Bier vielleicht niemals so in mein Herz geschlossen. Im Vergleich zu seinen norddeutschen Kollegen war die schwäbische Konstruktion süßlich und sorgte zunächst für Verwirrung in meiner Gaumengegend. Dann aber, nach einigen Abenden in Stuttgarter Bars, Stuttgarter Clubs und in Stuttgarter WGs, da hatte es sich einfach so in den Alltag geschlichen. Und der Tag war erst perfekt, wenn mein Wulle nach einem lauten „Plopp“ durch meinen Körper floss.
Love is in the Air
In jedem Club fragte ich nach Wulle. Und wenn es kein Wulle gab, dann wünschte ich mir für einen Moment in einem anderen Club sein zu können, um ein Wulle zu trinken. Oder ich erinnerte mich an die zahlreichen gemeinsame Erlebnisse, die alle noch lebendig in meinem Kopf sind.
Vielleicht ist es der 23. Buchstabe des Alphabets, der uns so verbindet. Vielleicht der Wellensittich. Vielleicht die Gewohnheit. Aber bei uns sind wirklich Hopfen und Malz verloren. Wulle, ich liebe dich.
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