Das 171. Cannstatter Volksfest ist zu Ende: Für viele Stuttgarter kein Grund zur Trauer. Während die Einen feuchtfröhlich feiern, klagt der Rest über Müll, Lärm und Erbrochenes. Unter dem Hashtag #fckwsn hat in den sozialen Medien ein Shitstorm gewütet.
VON MARLIES GOES
22:27 Uhr. Zwei junge Herren sitzen, bestens ausgestattet mit Lederhosen, in der Bahnlinie U11 vom Cannstatter Wasen zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Der eine trägt ein blaues, der andere ein rotes Karohemd. Die beiden Jungs haben sich zu zwei jungen Damen gesetzt. Beide im Dirndl mit offensivem Ausschnitt. Eigentlich passt eine solche Konstellation zu Wasenzeiten ja bestens zusammen, könnte man denken.
„Undertaker“. Der blaue Karohemdträger hat an diesem Abend anscheinend noch nur ein Wort, das er fehlerfrei aussprechen kann: „Undertaker“. Zu deutsch: Leichenbestatter. Dieses Wort wiederholt der blaue Hemdenträger unermüdlich. „Undertaker“. Im Prinzip zu jedem, der gerade in diesem Abteil sitzt. Währenddessen starrt der Kollege in Rot den beiden Damen abwechselnd in den Ausschnitt.
Gegenüber sitzt ein älterer Herr mit Hut, der sich das Spielchen eine Weile anschaut. Zunächst mit einem Schmunzeln auf den Lippen, dann immer unruhiger. Wahrscheinlich weil der rote Hemdträger so aussieht, als würde gleich eine Portion Erbrochenes in den Dirndlausschnitt einer der beiden Damen fliegen. Das haben mittlerweile auch die Damen mitbekommen. An der Haltestelle „Mineralbäder“ haben sie genug und steigen aus.
Herein kommt ein älteres Ehepaar, das verwundert die beiden freien Plätze bemerkt. Keiner der stehenden Bahngäste hatte die Chance genutzt, die freien Plätze in Anspruch zu nehmen. Also setzen sie sich dorthin. „Du Schweinebacke“, ruft der blaue Mann zu seinem (blauen) roten Freund. Oh, ein neues Wort! Das ältere Ehepaar bleibt nur eine Station auf den Plätzen sitzen, dann verlassen sie fluchtartig das Abteil. Eine Minute später liegt Erbrochenes auf den beiden Sitzplätzen. „Du Schweinebacke“, ruft Blau. „Du hättest es wenigstens bis zum Hauptbahnhof aushalten können.“ Ein ganz normaler Wasenabend in der U11.
Stuttgart kotzt, Twitter kotzt ab
In den sozialen Medien haben „Wasen-Hater“ längst ihren eigenen Hashtag: Unter #fckwsn tun Stuttgarter Twitter-User ihre Verärgerung kund:
Noch fünf Tage dann auch wieder bei uns die größte Pissrinne der Welt. #FCKWSN
— Kessel.TV (@kesseltv) September 18, 2016
Das wirklich schlimme ist, dass die Sbahn-Spucker immer recht schnell aussteigen. Wir das Desaster aber weiter ertragen müssen,.. #fckwsn
— Sebastian Blaesing (@dl2doc) September 26, 2016
liebe #Was´n -Besucher: geht doch nach dem Wasen-Besuch einfach nach hause und kotzt dort. #pöbeln #grabschen #Restaurantistnogo #fckwsn
— dreaS (@dreaStgt) September 25, 2016
Nur so ein Gedanke: Ändert sich die Zusammensetzung des Cannstatter Mineralwasser messbar während dem Volksfest? #Wasen #Wildpinkler #FCKWSN
— Earl Y. Bird (@earlybird445) September 25, 2016
Das sagen die STUGGI.TV-User
Wir haben gefragt: „Wasen-Time in Stuttgart. Das bedeutet auch abends viele betrunkene Trachten-Träger in den Bahnen anzutreffen. Eure Meinung dazu?“
79% fühlen sich durch Betrunkene in der Bahn gestört, mehr als die Hälfte davon versuchen sogar während der Wasen-Zeit auf Bahnfahrten zu verzichten.
Eine Minderheit von 21% sieht die Sache entspannt. Sie freuen sich über die Abwechslung.