Kommunalpolitik ganz nah erleben. Das macht der neue Stuttgart-Talk möglich. Am Dienstagabend diskutierten fünf Gäste zum Thema "Kaum im Amt, schon unter Druck: Wo muss OB Frank Nopper jetzt liefern?" auf Clubhouse. Dazu konnten sich die User mit Fragen und Statements live dazu schalten. Neben teils sehr unterschiedlichen Positionen eint die Runde am Ende des Abends vor allem ein Thema.
Der Stuttgart-Talk
Die neue Clubhouse-App sorgt für viele Diskussionen, auch da sie bisher nur für Apple-User zur Verfügung steht. Trotzdem veranstaltete STUGGI.TV-Chefredakteur David Rau am Dienstagabend einen ersten „Stuttgart-Talk“, auch um die Möglichkeiten in dem neuen sozialen Netzwerk zu testen. Für alle Nicht-Clubhouse-User steht dieser Artikel zum Nachlesen zur Verfügung.
Das Thema
Kaum im Amt, schon unter Druck: Wo muss OB Frank Nopper jetzt liefern?
Die Gäste
- Lucy Schanbacher (31), SPD-Stadträtin, 2019 in den Gemeinderat gewählt
- Hannes Rockenbauch (40), Fraktionsvorsitzender von „Die Fraktion“ im Gemeinderat
- Thomas Diehl (28), Besitzer des Weinguts Diehl in Stuttgart-Rotenberg und Wahlkampf-Unterstützer Noppers
- Martin Haar (55), Redakteur bei Stuttgarter Zeitung/Nachrichten
- Colyn Heinze (24), Vorstand Club Kollektiv Stuttgart
Die Einstiegsfrage
STUGGI.TV-Chefredakteur David Rau möchte gleich zu Beginn von seinen Gästen wissen, was sie Nopper empfehlen würden, wenn sie morgen einen Termin in seinem OB-Büro hätten. Für Hannes Rockenbauch, Fraktionsführer des Links-Bündnisses, ist klar: „Die Klima-Frage hat die höchste Priorität.“ Die SPD-Stadträtin Lucy Schanbacher fordert von Nopper viel Engagement beim Thema Wohnungsbau und stellt fest: „Der Ausbau des ÖPNV ist für die Stadt sehr wichtig.“ Bei einer Privataudienz im Nopper-Büro würde Colyn Heinze, der sich als Vorstand des „Club Kollektiv“ stadtweit einen Namen gemacht hat, für die Attraktivität der Innenstadt und des Nachtlebens einstehen. Martin Haar, der als Redakteur bei Stuttgarter Zeitung/Nachrichten vor allem über die Themen in der Innenstadt schreibt, wünscht sich von Nopper vor allem eine gute Pressearbeit: „Nopper muss jetzt ein Teamplayer sein“, um im gleichen Zuge den ehemaligen OB Kuhn scharf zu kritisieren. Er habe „ein Klima der Angst erzeugt“ und „keine Verantwortung übernommen.“ Thomas Diehl, der Frank Nopper im Wahlkampf unterstützte, pflichtet dem direkt bei: „Wir brauchen ein besseres Klima und schnellere Prozesse in der Stadtverwaltung.“
„Fühle mich nachts in Teilen der Innenstadt nicht mehr sicher“
Im ersten Themenkomplex des Abends ging es um die Attraktivität in der Innenstadt. Moderator David Rau beschrieb die akute Angst vieler Einzelhändler und Gastronomen vor einer Geisterstadt, da aufgrund der Pandemie eine Pleitewelle droht. „Den Handel und die Kulturlandschaft der Landeshauptstadt am Leben zu halten, wird wohl eine von Noppers größten Aufgaben während und nach der Pandemie sein“, sagt Stuttgart-Kenner Thomas Diehl. Nopper müsse sich stärker für die Interessen des Gewerbes und die Heterogenität der Innenstadt einsetzen. Auch das Sicherheitsgefühl müsse gestärkt werden. „Ich fühle mich nachts in manchen Teilen der Innenstadt nicht wirklich sicher“, sagt Diehl. Der 28-Jährige ist sicher, dass Nopper die Probleme der Stadt sinnvoll angehen wird. „Stuttgart hat sehr viel Stillstand erlebt und er ist ein Mensch, der Stuttgart wieder einen wird.“
Schanbacher und Rockenbauch geraten beim Wohnungsbau aneinander
In seinem Zehn-Punkte-Plan für Stuttgart hat Frank Nopper das Thema Wohnen an der sechsten Stelle notiert. Die SPD-Stadträtin Schanberger macht Druck: „Die Mieten sind in Stuttgart viel zu stark gestiegen. Wir kommen ums Bauen nicht herum.“ Auf die Nachfrage von Chefredakteur Rau, ob man auch neue Wohngebiete auf Grünflächen bauen müsse, stellt Schanbacher fest: „Ausschließen sollte man es definitiv nicht.“ Ihr Stadtrats-Kollege Hannes Rockenbauch widerspricht dem deutlich: „Bezahlbaren Wohnraum schafft man nicht nur durch Bauen. Wir müssen als Stadt preisdämpfend agieren und den Leerstand beheben“, sagt der SÖS-Fraktionsvorsitzende. Eine Bebauung des Birkacher Felds, die Nopper als Notlösung andeutet, schließt Rockenbauch aus. Zeitungsredakteur Martin Haar sieht Noppers ersten Handlungsbedarf vor allem in der Schadensbegrenzung: „Nopper muss mit den entstehenden Freiflächen in der Stadt, wie beispielsweise großen Kaufhäusern, umgehen können und den Transformationsprozess schnell einleiten.“
„Brauchen keinen Stadionsprecher“
In seiner Antrittsrede im Gemeinderat sprach Frank Nopper (CDU) davon, er wolle Stuttgart „mit Mut und Liebe zum deutschen Stern des Südens machen.“ Dazu schaltet sich plötzlich Thorsten Puttenat in die Diskussion. Der Puls-Fraktionsvorsitzende plaudert direkt aus dem Nähkästchen: „In Frank Noppers Reden waren bisher viele Phrasen und Floskeln. In unserem Gespräch heute haben wir aber tatsächlich viel Inhaltliches besprochen. Das macht mir Mut.“ Hannes Rockenbauch pflichtet dem bei und berichtet, dass er die Gemeinderats-Leitung unter Nopper viel euphorischer als unter Kuhn wahrnehme. „Nopper macht seine Reden mit Begeisterung und Emotion, das hat mir gefallen“, sagt der SÖS-Stadtrat. Lucy Schanbacher (SPD) mahnt jedoch an: „Nopper darf nicht beim Stil des Stadionsprechers bleiben.“ Es brauche jetzt keine unnötigen Image-Kampagnen, sondern konkretes Handeln in der Sache.
Nopper soll Kümmerer, Sprachrohr und Trainer sein
Auf die Frage von Moderator Rau, welcher Führungsstil der Richtige für die Stadtverwaltung sei, wird bunt diskutiert. Rockenbauch sieht Nopper als eine Art Trainer am Spielfeldrand der Stadt. „Er muss die Mannschaft gut zusammenstellen und seine Ideen nach innen und außen kommunizieren können“, sagt Rockenbauch und spricht dabei nicht nur die Verwaltung, sondern auch eine direkte Kommunikation mit den Stuttgartern an. Colyn Heinze vom Club Kollektiv wünscht sich einen „Kümmerer“, der sich den Sorgen der Bürger direkt annehme und diese innerhalb der Verwaltung stärker kommuniziere. Lucy Schanberger fordert einen offensiveren Umgang mit Fehlern in der Verwaltung („Dann kommen wir schneller voran“) und Martin Haar wünscht sich eine direktere Kommunikation und eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit. Bei all den unterschiedlichen Positionen eint die Runde am Ende des Diskussion vor allem eines: Die Stimmung in der Stadtverwaltung soll sich ändern. Der Wunsch nach frischem Wind auf den Rathausfluren ist spürbar.
VIDEO: Highlights der Amtseinführung von OB Frank Nopper
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Fotografik: STUGGI.TV